Jump Cut Kritik

Startseite -  Inhaltsverzeichnis - Klassiker - Archiv - Links - Forum - Mail

 


Mark Waters: Solange du da bist (USA 2005)

Von Ulrike Mattern 

Das Kino unterliegt den Jahreszeiten. Der besinnliche Advent eignet sich etwa sehr gut für rührselige Erzählungen. Mit Glühwein und Lebkuchen auf dem Weihnachtsmarkt schafft man die süßklebrige Grundlage, um sich dem überirdischen Kitsch in dem Film "Solange du da bist" hinzugeben.

Dabei führt die Hochglanzproduktion aus den USA, die auf dem gleichnamigen Erfolgsroman des französischen Autors Marc Levy basiert, als Erstes in den allzu menschlichen Alltag einer Ärztin. Elizabeth (Reese Witherspoon) kennt nur Doppelschichten in einer Notfallambulanz in San Francisco. 26-Stunden-Tage sind ein Klacks für die Karriere orientierte Singlefrau, die scharf auf eine Stelle als leitende Ärztin ist.

So saust sie voller Elan in hellgrüner Kluft durch die klinisch reinen Gänge und Zimmer dieses Musterkrankenhauses. Sie stellt in Windeseile Diagnosen, begutachtet Röntgenbilder und nimmt Heiratsanträge von Senioren an. Mit fettfreiem Vanille-Cappuccino (ohne Zucker) hält sich die Blondine mit der Engelsgeduld an diesen Tagen und in den Nächten wach. Von solchen Halbgöttern in Weiß (oder in diesem Fall in Pistaziengrün) träumt die Leitung der Berliner Charitè, wo Ärzte wegen Überbelastung und unbezahlter Überstunden zurzeit streiken.

Elizabeth erhält die Zusage für ihre Traumstelle, kann sie aber nicht mehr antreten, da sie - übermüdet und gestresst - auf einer Autofahrt zu einem Abendessen bei ihrer Schwester im strömenden Regen mit einem Lkw kollidiert. Hier blendet der Film in ein gleißend weißes Licht und von der (idealisierten) Realität in ein märchenhaftes Zwischenreich über, das durch entsprechende Musik noch verstärkt wird.

In die wegen einer "Familientragödie" vorübergehend freie Wohnung von Elizabeth zieht ein gammeliger Untermieter. David (Mark Ruffalo) macht es sich im gepflegten Heim der Ärztin bequem. Er lümmelt auf ihrer Couch, trinkt Bier, isst Pizza, glotzt Fernsehen. Eines Abends öffnet er im Wohnzimmer die nächste Dose und steht plötzlich der zornigen Elizabeth gegenüber, die den Hausgenossen vertreiben will. Regisseur Mark Waters ("Freaky Friday") gelingen virtuose komödiantische Szenen, bis Elizabeth und Mark realisieren, dass sie ein vom Körper gelöster Geist ist und nur er sie sehen und mit ihr kommunizieren kann.

Gefährten aus dem Jenseits bevölkern die Leinwand nicht nur an Weihnachten. Vom amerikanischen Klassiker "Ist das Leben nicht schön?" (1947) mit James Stewart in der Rolle des lebensmüden Familienvaters, den ein Schutzengel Clarence vor dem Selbstmord bewahrt, über das melancholische Engels-Duo Bruno Ganz und Otto Sander in "Der Himmel über Berlin" (1987) bis zum erotischen Gespann Demi Moore und Patrick Swayze in "Ghost - Nachricht von Sam" (1990) reicht die Palette der himmlischen Boten mit und ohne Flügel.

"Solange du da bist" bewahrt solange Charme, bis Drehbuch (und Roman) mit fliegenden Fahnen von der Komödie zum Melodrama übergehen. "Wenn du mich richtig berühren würdest, würde ich möglicherweise wieder erwachen", sagt Elizabeth zu Mark. Das klingt wie die Liebesbotschaft einer treuen Seele, bringt aber durch den dramatischen Wettlauf um die Verfahrensweise mit deren Körper einen schiefen Ton in die federleichte Lovestory mit einem ungewöhnlichen, glücklichen Ende.

zur Jump Cut Startseite

     

Suchen
 
Google
Web Jump Cut