Geschichten über Teenager, mit Mädchenrollen, die zur Identifikation
taugen, bevölkern die Filme australischer und neuseeländischer
Regisseurinnen seit Ende der 70er Jahre. Die renommierte Filmmacherin Jane
Campion ("Das Piano", "In the Cut") z.B. "eröffnet eine Ahnengalerie
des Weiblichen", "erzählt vom Mädchensein und vom Frauwerden",
von all den "Katastrophen, ohne die man nicht groß wird", stellt die
Filmjournalistin Christiane Peitz in ihrem
Buch über "Marilyns starke Schwestern"fest.
Regisseurin Cate Shortland betritt in ihrem Spielfilmdebüt "Somersault"
(Purzelbaum) ähnliches Terrain, erweitert die "Ahnengalerie" um eine
frühreife Alice im Wunderland. Ihre zwischen Naivität und gezielt
platzierter Erotik pendelnde Protagonistin, die 16-jährige Heidi, lebt
mit ihrer Mutter in einer Kleinstadt. Der Alltag ist ereignislos. Eines Morgens
liegt Heidi mit dem Freund der Mutter im Bett und wird von ihr überrascht.
Sie läuft von zu Hause weg, fährt allein nach Jindabyne.
Außerhalb der Saison verirren sich selten Touristen in das Skigebiet.
Heidi findet einen Job, eine Bleibe im Motel und lernt Joe kennen.
Die 22-jährige Hauptdarstellerin Abbie Cornish spielt diese Rolle mit
einer körperlichen Präsenz, die ihr den Vergleich mit einer anderen
australischen Schauspielerin einbrachte: Nicole Kidman. Sie erinnert aber
eher an die kesse Jodie Foster in "Taxi Driver" oder an die frühreife
Alicia Fulford-Wierzbicki im neuseeländischen Drama "Rain", das vor
zwei Jahren im Kino lief. Wie letztere imitiert Heidi Gestik und Sprache
erwachsener Frauen, übt vorm Spiegel den Luder-Look, probiert mal
spielerisch, mal berechnend ihre Reize bei Männern aus, ohne an Gefahren
zu denken.
Sieben Jahre habe sie am Drehbuch gearbeitet, berichtet Cate Shortland. Das
präzise ausbalancierte Skript wird in einer wohl durchdachten Ästhetik
umgesetzt. Die Kamera schafft klischeefreie Aufnahmen von Australien: Himmel
und Erde präsentieren sich weder wolkenlos blau noch staubtrocken.
Stattdessen legt sich Blaugrau wie eine Frostschicht über die Landschaft.
Einzige Farbtupfer sind die roten Handschuhe, die Heidi beim Herumstreunen
trägt, und der pink- oder rotfarbene Filter, der sich vor die Kameralinse
schiebt, wenn das Mädchen durch eine getönte Skibrille oder Joe
durch ein Weinglas schaut.
Erwachsen zu werden kann trostlos sein. Selten erzählt ein Film so
aufrichtig über einen manchmal katastrophal orientierungslosen
Lebensabschnitt wie "Somersault".
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