Streifzüge zeigt Gänge durch Straßen,
Hinterhöfe, Treppenhäuser, Wohnungen. Szenen des Stadtlebens, Menschen
bei der Arbeit, beim Frühstück, während eines Picknicks, bei
alltäglichen Verrichtungen. Dokumentarische Szenen, Beobachtungen,
Fundstücke. Daraus hat Sami einen Film zusammengestellt, der eine Art
Porträt von West-Berlin in der Zeit von 1975 bis 1985 ist.
Der Charakter dieses Films läßt sich nur schwer klassifizieren.
Das fragmentarische, unzusammenhängende steht im Mittelpunkt von
Streifzüge. Der Film ist gleichzeitig Tagebuchfilm und
Film-Essay, oszilliert zwischen diesen beiden Genres hin und her. Nur selten
sind Männer zu sehen. Statt dessen konzentriert sich der Film auf die
Lebenswelten und weisen von Frauen. Nicht Frauen als Teil einer in
sich geschlossen Szene, sondern als Teil der bundesrepublikanischen
Gesellschaft. Die Anwesenheit von Männern spielt nur eine Nebenrolle.
Daher mischt sich Zeitgeist unter diese Bilder: die Mittsiebziger, eine Hoch-zeit
feministischer Gesellschaftstheorie/-kritik/-analyse, werden in diesem Film
zum Thema. Renate Sami meint dazu, das sei nicht von vorn herein Ziel des
Unternehmens gewesen, sondern ,sie hätte sich eben immer speziell mit
Frauen beschäftigt, bzw. auseinandergesetzt und so hätte
sie eben immer wieder vor allem Frauen aus ihrem Umfeld gefilmt. Obwohl viele
Szenen durchaus etwas tagebuchartiges haben, fehlt darin, was
Tagebuchfilme häufig uninteressant macht: der extrem subjektive
Blick auf die Welt vermischt mit einer zufälligen Verwendung von Bildern.
Streifzüge ist erstaunlich klar gefilmt. Straßen-
und Stadtansichten treffen auf Bilder von Frauen in ihrer privaten Wohnumgebung,
nachmittägliche Picknicksequenzen auf Beobachtungen vor einer Bar. Immer
wieder tauchen Szenen auf, die wie Fragmente aus einem längeren Dokumentar-
oder Spielfilm wirken. Privates bleibt dadurch nicht einfach auf sich selbst
bezogen, sondern wuchert atmosphärisch über die Bilder hinaus und
wird zum Teil des gesellschaftlichen Diskurses. Gleichzeitig stellt der Film
als ganzes die sinnliche Wahrnehmung in den Vordergrund. Das notizenhafte,
flanierende der Bilder ist immer Teil seines sinnlichen Konzeptes. So kommen
zusammen: die Skizze eines Lebens in der Mitte der siebziger Jahre und
gleichzeitig das Porträt einer gesellschaftlichen Stimmung, eines sozialen
Phänomens. Spärlich werden dabei die Bilder, die zum
größten Teil ohne Ton sind, von kurzen Musikeinspielungen untermalt.
Nur selten sieht man einen Film, der sich eine dermaßen große
erzählerische Freiheit wie Streifzüge leistet und
gleichzeitig dicht und unmittelbar am Leben der dargestellten Personen teilnimmt.
Die beiden noch folgenden Teile sollen die Zeiträume 1985 bis 95 und
1995
bis 2005 umfassen.
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