Zu den überflüssigsten Dingen im großen, weiten
Reich der Kinematografie gehören in aller Regel die sogenannten
Omnibus-Filme, für die sich weil Geld da ist, oder eine Freundschaft
oder ein gemeinsames Interesse mehrere Regisseure zusammentun, um
halbe Sachen zu machen. Fast immer sind es Nebenprojekte, Resteverwertungen,
lehrreich im Kontrast im besten, belanglos im Regelfall. "Tickets" nun, für
den sich die weiß Gott unterschiedlichen Regisseure Ermanno Olmi, Abbas
Kiarostami und Ken Loach zusammengetan haben, ist keine Ausnahme von der
Regel: Er tut keinem weh. Aber gebraucht hat es ihn auch nicht.
Was ihn zusammenhält, sind die Tickets des Titels. Eisenbahntickets,
das ganze spielt in einem Zug, im selben Zug, der nach Rom unterwegs ist.
Wir wissen ja, alle Wege führen nachh Rom, auch die von Filmemachern,
die durch sonst nichts auf einen Nenner zu bringen sind. Der Einfachheit
halber also der Reihe nach: Ermanno Olmi setzt im ersten Teil eine
Männerfantasie ins Bild, die weder durch die nicht unbeträchtliche
Eleganz, mit der Vergangenheit und Gegenwart, Wirklichkeit und Fantasie
verknüpft werden, zu retten ist. Ja, sie ist nicht einmal durch die
wunderbare Valeria Bruni-Tedeschi zu retten, die hier diese Fantasie
verkörpert. Wie ein Zug frischer Luft dann der Übergang zur
Kiarostami-Sektion. Vom schwülen Olmi-Licht ins klare Licht des
Kiarostami-Films, dies ist fast ein großer Moment. Es bleibt leider
der einzige.
Es überrascht ein wenig, wie flott sich der Asket Kiarostami mit seiner
Kamera durch den Zug bewegt. Er erzählt von einer herrschsüchtigen
älteren Frau und ihrem Zivi; das ist gelegentlich ganz lustig und immerhin
nie peinlich. Im Werk des Regisseurs bleibt es freilich eine Bagatelle, dazu
eine beträchtliche Abweichung vom Weg ins zunehmend Radikale, den er
zuletzt eingeschlagen hatte. Es schließt sich, alles andere als nahtlos,
eine Ken-Loach-Episode an, die nur Ken Loach so erzählen kann. Drei
schottische Fußballfans auf dem Weg zum Champions-League-Spiel stoßen
auf eine albanische Familie und es kommt zu einer Aushandlung zwischen Rassismus
und Mitmenschlichkeit. Loach, der an das Gute im Menschen zu glauben nie
aufhören wird, inszeniert das mit Humor und mit großer Lust am
Schottischen. Das ist nett, aber auch ein wenig penetrant, ein kleines
italienisches Märchen vom guten Schotten in uns allen.
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