Vanity Fair von William Makepeace Thackeray erschien
1847 erst als Fortsetzungsroman, dann ein Jahr später in Buchform. Die
unter dem Titel Jahrmarkt der Eitelkeit auf Deutsch vorliegende
Ausgabe des Klassikers wiegt schwer in der Hand. An die 1000 Seiten umfasst
der Roman ohne Held, so der Weisung gebende Untertitel. Die nicht
sonderlich angenehme Aufsteigerin Becky Sharp erobert darin die dünkelhafte
Londoner Society des 19. Jahrhunderts wie Bergsteiger Edmund Hillary den
Mount Everest: zielbewusst, mit Hilfe von Last- und Wasserträgern, nur
ohne noble Geste am Gipfel.
Frauen waren im viktorianischen Zeitalter Opfer gesellschaftlicher Zwänge.
Das weibliche Bewusstsein wurde notgedrungen durch das Motto: Ich heirate,
also bin ich geprägt in freier Anlehnung an Descartes
(Ich denke, also bin ich). Es galt, die materielle Existenz
abzusichern. Für mittellose Mädchen wie Becky Sharp, Tochter armer
Schlucker, bot sich zweierlei an: entweder einen Job als Hauslehrerin anzunehmen
oder auf den Aufstieg durch Heirat zu bauen. Jane Austen, George Eliot, die
Schwestern Bronte und andere haben die missliche Lage duldsamer Jungfern
in ihren Romanen geschildert. Dass herzensgute Mädchen in den Ehe-Himmel
kommen, liest man dort. Was aus den anderen wurde, erfährt man in Thackerays
Satire.
Der scharfe Ton aus der gesellschaftskritischen Milieudarstellung verhallt
in der filmischen Adaption zwischen ausufernd pittoresken Drehorten
(Südengland, Bath und einigen Minuten Indien auf einem Elefanten), feschen
Uniformen und herrlich dekadenten Samtroben. Die Hauptrolle übernimmt
die amerikanische Schauspielerin Reese Witherspoon, die Becky Sharp als
erste Feministin interpretiert.
Wie in der Komödie Natürlich blond schlägt ihr
Charakter Sachzwängen ein Schnippchen. Zuerst wählt Becky eine
reiche Freundin aus, die tugendhafte Amelia Sedley. Der taktische Coup soll
das Tor zum Heiratsmarkt öffnen, doch Amelias snobistischer Verlobter
(Jonathan Rhys Meyers) vereitelt den Plan. Die Ehe schließt Becky mit
einem Spieler (James Purefoy) aus gutem Stall, den die Familie daraufhin
enterbt. Becky strebt unbeirrt vorwärts auf dem Weg in die High Society.
Sie nutzt die Gunst eines Marquis (Gabriel Byrne), der keine lauteren Absichten
hegt.
Die bissig kommentierten intriganten Manöver lesen sich amüsanter,
als sie 138 Minuten in entschärfter Leinwandfassung zu sehen sind. Zu
lieb gerät die Anti-Heldin. Feinzeichnungen und Polarisierungen verpuffen
durch ihr unterdrücktes Vermögen zum Miststück ohne Moral.
Dass Vanity Fair in der Rubrik der Kostümfilme hervorsticht,
liegt an der ausgefallenen Optik: einem kulturellen Cross-over aus good old
england, indischem Flair und fantasievollen Extravaganzen wie den gewagt
gestylten Frisuren der Männer.
Der Roman Vanity Fair Jahrmarkt der Eitelkeit ist zum
Beispiel im Aufbau Taschenbuchverlag für 14,90 Euro
erhältlich.Sandra-Bullock-Film immer einen Sandra-Bullock-Film erkennen
wollen.
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