Ein Tunnel, ein Mädchen und, als sie aufsteht, die Schrift
an der Wand, und Zeichnungen, auf denen die Kamera verweilt. Der Vorspann
dann Blick auf Wasser als Spiegel, Schlieren ziehend, Blasen werfend,
schön. Die Bilder sind digital und man muss nicht lange suchen
ein kleines, hübsches Weilchen aber schon -, um eine Dreiecksgeschichte
in ihnen zu finden. Obwohl es nicht eine einzige Geschichte ist, nicht eine,
immer scheint es vielmehr so, als seien es ein paar. Der Film erzählt
sie etwas unfokussiert und das ist nur zu konsequent, denn genau das sind
auch die Figuren: unfokussiert.
Shinnosuke lernen wir kennen, als er erwacht neben einer Frau, deren Namen
er nicht mehr weiß. Später erinnert er sich, man wird aber sagen
dürfen: ein bisschen zu spät. Er lebt zusammen mit einem Freund,
der aus seiner Bisexualität weder einen Hehl noch eine große Sache
macht. Eigentlich liebt er im übrigen Shinnosuke, ein wenig zumindest.
Am Ende küsst er ihn, aber das redet er gleich runter. Ein Ablenkungskuss,
wird er sagen, und nicht zu Unrecht (beides ist eben wahr, es ist ein richtiger
Kuss und ein Ablenkungskuss, so unfokussiert geht es zu). Die tropischen
Fische sind tot, das Erdbeereis färbt das Wasser rot, Shinnosuke hat
einen hysterischen Anfall, nach dem Kuss ist er aus dem Konzept. So recht,
denkt man, hat er an seinen eigenen Anfall eh nicht geglaubt. Eine andere
Freundin, deren Namen Shinnosuke bald vergessen wird, hat das Eis ins Wasser
geworfen, weil er wieder hinter Haruko her ist, dem Mädchen vom Beginn,
der Freundin der Kindheit, in die er sich dann doch verliebt. Er stellt es
aber schlecht an, ganz schlecht und sie gibt ihm, als sie miteinander schlafen
wollen, sicherheitshalber Schlafmittel in die Cola. Prompt schläft er
ein, bevor sie auch nur halbwegs entkleidet sind. Am Morgen ist sie weg.
Haruko hat sich, als sie in den ersten Einstellungen an der Wand sitzt, auf
der die Kamera dann verweilen wird, um Schrift und Bilder zu finden, von
ihrem Freund getrennt und sucht Obdach. Sie wird es bei Shinnosuke finden,
den sein Mitbewohner liebt, ohne dass er es ihm zu sagen wagte. Außerdem
verkauft er Bonsaibäume, der Mitbewohner, in dessen Bonsai-Laden Shinnosuke
ehrgeizlos arbeitet. Später wird Haruko, nachdem sie ihre Stelle als
Friseur-Azubi verloren hat (aber recht hat sie), in einem großen rosa
Kaninchen-Kostüm auf der Straße stehen und Werbung für ein
Karaoke-Lokal machen. Den Sinn ihres Lebens kann sie darin nicht erblicken.
Im netten, nicht mehr ganz jungen Salaryman, dem sie zuvor, als sie noch
Friseurin lernte, einen Teekessel schenkte, den ihr ihr Ex-Freund vorbeigebracht
hatte, leider auch nicht. Sie zieht bei ihm ein, dann zieht sie wieder aus,
als dessen Freundin eines Tages vor der Tür steht. Haruko weiß
nicht, was sie will. Shinnosuke weiß nicht, was er will. Natürlich
sind sie sich beide genau darüber im Klaren. Nur hilft das nichts. Sie
wissen, nur zum Beispiel, eben auch nicht so genau, ob sie einander wollen.
Kazama Shiori hat mit "World's End/Girl Friend" einen wirklich sympathischen
japanischen Slacker-Film gedreht, auch über die Arbeitswelt, auch über
die Liebe und das Leben und irgendwie auch über den ganzen Rest. Es
gibt schöne Szenen, am Schluss etwa, wenn die Kamera durch die geschlossenen
Augen des Paars, das sich zuletzt vielleicht doch findet, die Wolken
vorüberziehen sieht. Die Leinwand wird schwarz, aber nicht ganz. Ein
heller Schatten auf der beinahe schwarzen Leinwand, das ist wirklich schön.
Ein wenig langweilig ist der Film aber auch. So langweilig, könnte man
jetzt einwenden, wie die Leben, die man vorüberziehen sieht wie die
Wolken auf dem Himmel und der Leinwand. Unfokussiert, ein etwas hellerer
Schatten auf ziemlich schwarzem Grund. Eine Langeweile also, die ihren guten
Grund hat. Eine keineswegs aufregende Langeweile, die bei der sehr
beiläufigen Beobachtung beiläufig geführter Leben entsteht.
Eine Langeweile, die durchaus ihre Richtigkeit hat und bei aller Richtigkeit
eben doch eine Langeweile bleibt.
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