Jump Cut Kritik

Startseite -  Inhaltsverzeichnis - Klassiker - Archiv - Links - Forum - Mail

 

Alexander Bulkley: Zodiac (USA 2005)

Kritik von Stefan Höltgen 

A good Movie about Zodiac

„In the future, everyone will be world-famous for 15 minutes“, hatte Andy Warhol 1968 konstatiert und sich dabei auf die medialen Totalausbeutung von Neuigkeiten im Fernsehen bezogen. Im selben Jahr setzte in San Francisco eine Mordserie ein, die Warhols Prognose bestätigen sollte: Ein sich selbst „Zodiac“ nennender Killer überfiel nachts Jugendliche auf den so genannten „Lover’s Lanes“ und erschoss sie in ihren Autos. Danach wandte er sich mit Briefen und weiteren Mordankündigungen an Polizei und Zeitungen der Stadt. Schon bald war der „Zodiac“ weltberühmt – und die Tatsache, dass er bis heute nicht gefasst worden ist, hat diese Popularität noch gesteigert.

Zu den schon vorhandenen Zodiac-Filmen, deren berühmtester bislang wohl Don Siegels „Dirty Harry“ von 1971 ist (obwohl einiges dafür spricht, dass Siegels „Vorlage“ der Fall Heirens aus den 40er Jahren war), gesellen sich nun in kurzen Abständen ein Film von Uli Lommel, einer von David Fincher (letzerer noch in der Post-Produktion) und „The Zodiac“ von Alexander Bulkey. Letzerer widmet sich nicht etwa den seit Beginn der Mordserie anhaltenden Spekulationen über die Identität des Täters, sondern versucht die Fallgeschichte filmisch zu rekonstruieren. Aufhänger seiner Erzählung ist dabei die Polizeiarbeit des noch jungen Sergeant Parish (Justin Chambers), dem der Fall von seinem Vorgesetzten zugeschustert wird. Parish ist nun Tag und Nacht damit beschäftigt, den Killer zu jagen, neue Morde zu verhindern und die Presse daran zu hindern aus den spärlichen Informationen eine Massenhysterie zu basteln. Parishs Frau Laura (Robin Tunney) und sein kleiner Sohn Johnny (Rory Culkin), welcher großes Interesse an der Arbeit des Vaters zeigt, werden dabei immer mehr von ihm vernachlässigt. Zu den beruflichen Schwierigkeiten – Parish beginnt aus Verzweiflung jeden Anfangsverdacht mit einem Polizeigroßeinsatz zu verfolgen – kommen schon bald private, die den Ermittler vollständig aufreiben.

Stark beeindruckend ist, mit welcher Detailtreue der Film versucht, ein Spätsechziger-Ambiente zu rekonstruieren. Von den Autos über das Wohnungsinterieur bis hin zu Zigaretten-Marken stammt alles aus der Zeit. Dass der Film seine zeitgeschichtlich akribische Ausstattung nur als Hintergrund verwendet und – bis auf ein paar zentral einmontierte Fernsehbilder jener Zeit – kaum auf sichtbare Authentisierungsgesten Wert legt, muss man ihm hoch anrechnen. Es ist wohl mittlerweile Standard im Serienmörderfilm, dass bestimmte authentisierende Verfahren benutzt werden. Umso mehr kann sich „The Zodiac“ auf die Erzählung und Charakterisierung konzentrieren. Abgesehen von der fiktiven Geschichte des Polizei-Sergeant fügt der Film zu den kriminalhistorischen Fakten nur recht wenig hinzu. Die Frage, wer der „Zodiac“-Killer wirklich ist, beschäftigt ihn jenseits der Ermittlungshandlungen der Polizei überhaupt nicht. Insofern liefert „The Zodiac“ – darin ist er Filmen wie Spike Lees „Summer of Sam“ ähnlich – mehr ein Stimmungsbild jener Zeit und die damals vorherrschende abstrakte Atmospähre der Angst wird durch die Familiengeschichte, in der das Gefühl der Bedrohung auf Frau und Sohn des Ermittlers übergreifen, für den Zuschauer konkret fassbar.

„The Zodiac“ ist ein sehr unaufgeregter, intelligent inszenierter Film, der am Ende sogar ein wenig mit seinen kriminal- und zeithistorischen Fakten kokettiert. Der „Zodiac“-Killer beendete seinen bislang letzten Brief vom 24. April 1978 mit den Worten, die auch der Film vor dem Abspann noch einmal zitiert: „I am waiting for a good movie about me. Who will play me.“ Dass „The Zodiac“ sich nicht auf einen Dialog mit dem Killer einläst, indem er seinen Zuschauern eine Theorie über dessen Identität präsentiert oder den Täter gar zu einem bewundernswert-intelligenten Meisterverbrecher stilisiert, macht ihn gerade zu einem „good movie“.

The Zodiac (USA 2004)
Regie: Alexander Bulkley, Buch: Kelley Bulkeley & Alexander Bulkley
Darsteller: Justin Chambers, Rory Culkin, Philip Baker Hall, Robin Tunney
Länge: 92 Minuten
Verleih: SquareOne

zur Jump Cut Startseite

     

Suchen
 
Google
Web Jump Cut