Seit dem 9. Juni dreht sich alles ums runde Leder. Doch während die
Herren das Feld okkupieren, stellen sich die Damen im künstlerischen
Abseits auf mit zwei Filmen und dem literarischen Debüt eines
weiblichen Elfer-Teams.
Frauen und Fußball, das ist vor allem die Geschichte eines Leidens.
Für einen Mann ist Fußball eine so natürliche
Beschäftigung (...). Für eine Frau hingegen ist er eine Leerstelle,
ein schwarzes Loch: Es ist der Platz, wo sie nicht ist, schreibt die
1963 geborene Schriftstellerin Uta-Maria Heim in dem jetzt erhältlichen
schmalen grünen Bändchen Aus der Tiefe des Traumes
mit witzig-klugen Fußballgeschichten einer literarischen
Damenelf. Selbst wenn Frauen international erfolgreich sind, wie etwa
die deutsche Nationalmannschaft, die 2003 Weltmeister wurde, 2004 Bronze
bei Olympia holte und im Jahr darauf zum sechsten Mal den Titel als Europameister
verteidigte, bleibt das Spiel in der weit verbreiteten Wahrnehmung männlich
geprägt.
Im Vorwort der Anthologie spricht man zutreffend von einem historischen
Rückstand, der unter anderem darauf zurückgeführt werden
kann, dass es Frauen offiziell erst 1970 gestattet wurde, Fußball zu
spielen. Qua Geschlecht fühlt sich dagegen jeder Mann zum Fußballer
geboren, selbst wenn er als Sportmuffel auf der Couch endet. Der von
Männern geliebte Breitensport lebt auf öffentlicher Bühne
von der Prahlerei seiner Protagonisten und theatralischen Inszenierungen
man denke nur an die kurz vor der WM unter überwältigender
emotionaler Anteilnahme geklärte Torwartfrage. Oder, andererseits, an
den seit 33 Jahren bis zum Überdruss zitierten Lapsus der Journalistin
Carmen Thomas, die sich im Aktuellen Sportstudio einen Zahlendreher
bei Schalke 04 erlaubte.
Fußball ist Krieg, und in den Krieg ziehen nur Männer!,
fasst es großmäulig ein Spieler in der Komödie
Männer wie wir (2004) von Sherry Horman zusammen. In dem
in Dortmund und im Münsterland spielenden Film treten für eine
Wette ein schwules gegen ein heterosexuelles Team an. In einer vergleichbaren
Konkurrenzsituation, nur mit anderem Einsatz, befindet sich der FC Eintracht
Imma 95 in der Komödie FC Venus.
Die Spielerfrauen haben die Ballfixierung ihrer Männer satt, fordern
sie zu einem Fußballmatch heraus. Es sind nur Frauen!,
beruhigt Paul (Christian Ulmen) seine zehn Freunde in der vom Schweiß
vernebelten Umkleidekabine und ist sich dabei bewusst, dass für das
männliche Ego nichts schockierender sein könnte, als gegen
die eigenen Frauen zu verlieren.
Die beschwichtigende Formel erweist sich als Eigentor. Die sportlich unbedarfte
Damenriege wird von der erzürnten Anna (Nora Tschirner) und dem knallharten
Trainer (Heinz Hoenig) angeführt. Durch Regen und Matsch peitscht er
die joggende, nach Luft hechelnde Frauenkarawane mit einem ähnlichen
Kasernenton wie die Trainer weiblicher Teams in Kick it like Beckham
(2002) und Eine andere Liga (2005). Für den amourösen
Seitenkick ist die Figur von Hoenig aber nicht zuständig. Er streitet
als Vater von Anna nach dem Abpfiff mit seiner Tochter.
Die eingangs angeführte These, dass die Verbindung zwischen Frauen und
Fußball eine Leidensgeschichte sei, wird mit der Zeit in die Annalen
eingehen. Dass die Zukunft des Fußballs auch weiblich sein soll und
kann, wird durch die spielerischen happy endings in aktuellen
Frauenfußballfilmen und die wachsende Zahl von Frauen in den Vereinen
gestützt: 20 Millionen sollen weltweit aktiv sein.
Vier von ihnen porträtieren Nina Erfle und Frédérique
Veith in einer pfiffigen Dokumentation, die den hübschen Titel
Fußballgöttinnen trägt. Eine Berliner Platzwartin
Anfang 60, eine 16-jährige Schiedsrichterin, eine Ex-Nationalspielerin
und ein Fan der Offenbacher Kickers erzählen, warum Fußball ihr
Leben ist.
Selbst Frauen, die es vorziehen, ihre Glieder auf einer handtuchgroßen
Yogamatte zu strecken, oder bevorzugt mit Gymnastikschuhen durch winzige
Turnhallen hüpfen, juckt es vielleicht nach all diesen theoretischen
Ballkontakten auf der Leinwand beim Anblick eines riesigen Fußballfelds,
einmal in die Tiefe des Raumes vorzustoßen. Und wenn auch nur ein einziges
Mal!
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Filme & ein Buch & eine Ausstellung
Aus der Tiefe des Traumes ist in der Sammlung Luchterhand (9
Euro) erschienen; Fußballgöttinnen und FC
Venus laufen noch in ausgewählten Kinos, Kick it like
Beckham gibts ebenso wie Männer wie wir auf
DVD; Eine andere Liga ist voraussichtlich ab 7. Juli auf DVD
erhältlich. |