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Es ist unmöglich, diese Mission' ernst zu nehmen
Mission: Impossible 2 beginnt genauso wie seine Trailer, man sieht
Ethan Hunt (Tom Cruise) dabei zu, wie er seinen Urlaub mit Extremkletterei
im Gebirge verbringt. Das soll richtig cool und männlich wirken; allerdings
hat bereits Captain Kirk am Anfang von Star Trek V seinen Urlaub so
verbracht.
Der Hauptunterschied ist, dass Cruise ein kleines bisschen besser
aussieht als William Shatner und auch nicht am Rande des Herzinfarkts zu
stehen scheint. Außerdem gelingt es Cruise, sich ohne Hilfe von Mr.
Spock aus Bedrängnissen zu befreien. Zweifellos hatte John Woo nicht
die Absicht, mit diesem Film (sein Beitrag zur Festigung eines neueren
Action-Franchise) an die schwächste Folge der ohnehin schon wenig
aufregenden Star-Trek-Filme zu erinnern. Aber Mission Impossible 2 (oder
M:I 2, wie es in der Werbung heißt, als handelte es ich um eine neues
Auto oder neue Software) ist, auf seine Art, genauso dämlich. Weniger
verzeihlich noch: der Film ist auch genauso langweilig.
Diesmal bekommt es Ethan mit einem bösartigen Phamakonzern zu
tun, was zunächst mal nicht sehr bedrohlich klingt. Diese Firma hat
einen tödlichen Virus geschaffen, den Ethans früherer Kollege Sean
(Dougray Scott) gestohlen hat. Was Schurkennamen angeht, ist Sean nicht gerade
der erschreckendste. Hätte Jodie Foster unter dem Blick von Sean Lecter
gezittert? Hätte Sean Hitler das Sudetenland annektiert? Vielleicht
glaubt Sean, er müsse das Namensproblem kompensieren und hat deswegen
so großen Spaß am Töten. "Sean hält seine Aufgabe erst
dann für erledigt, wenn er eine Menge Hüte auf dem Boden
zurücklässt", berichtet Ethan, und das deutet darauf hin, dass
er wenig säuberlich vorgeht und vermutlich unter dem Wachpersonal recht
unbeliebt ist. Von Herrenausstattern ganz zu schweigen.
Ethan bekommt den Auftrag, sich ein Team zusammenzustellen und das
Virus von Sean zurückzuholen. Sie infiltrieren sein Zuhause, indem sie
eine wunderschöne Berufsdiebin namens Nyah (Thandie Newton) verpflichten.
Sie ist eine alte Flamme von Sean und Ethan kann sie dazu überreden
(mit einer Mischung aus Neckerei und schlechtem Fahrstil), ins Bett ihres
Ex zu schlüpfen und sich zu prostituieren. Woo präsentiert das
als den leichten Komödienteil des Films, vielleicht hat er ein paar
mal zu oft Pretty Woman gesehen.
Zugegeben, Ethan hat bei diesem Plan auch so seine Bedenken. "Wir
haben einen Schneeball geformt und in die Hölle geworfen. Mal sehen,
wie es ihm ergeht.", sagt er. "Hä?", fragt sein Kollege und schaut schnell
nach, ob sie aus Versehen bei "Metaphor: Impossible" unterschrieben haben.
Robert Townes Dialoge werden in den romantischen Szenen nicht besser. Newton
ist normalerweise eine mitreißende Schauspielerin, aber auch sie erreicht
ihre Grenzen bei vermeintlich neckischen Dialogen wie: "Macht es Ihnen was,
aus, wenn ich oben bin?" und "Die Wäsche mache ich nicht." Das stammt
von dem Mann, der Chinatown geschrieben hat?
Alles wäre besser, wenn Nyah Tom Cruise eine runterhauen würde,
als er anfängt "Meine Schwester! Meine Tochter! Meine Schwester! Meine
Tochter!" zu heulen. Zu allem Überfluss aber zwingt Townes Drehbuch
die Darsteller auch noch dazu, die ganze Exposition mindestens zweimal zu
wiederholen, als hätten die Produzenten noch am Vorwurf gegen den ersten
Film zu knabbern gehabt, der Handlung sei etwas schwer zu folgen und setzten
ihren Ehrgeiz darein, dies kein zweites Mal geschehen zu lassen.
Ving Rhames ist wie schon im ersten Teil ein Mitglied von Ethans Team
und sein Anblick ist immer erfreulich, wenngleich er hier nicht viel zu tun
hat außer darüber zu sprechen, wie teuer sein Outfit ist. Mit
dabei ist ein Australier, der so enervierend ist, dass man sich nach dem
zurückhaltenden Charme eines Paul Hgan sehnt. Das Team findet sich in
einer malerischen Scheune auf einer australischen Farm zusammen, um Nyahs
Fortschritte zu überwachen. Neben Satellitenüberwachung fällt
auch Schafescheren an.
Gleichfalls aus dem ersten Teil wieder dabei, leider, sind auch die
ultra-realistischen Latex-Masken, die die Charaktere benutzen, um sich als
der jeweils andere zu verkleiden. MI:2 basiert heftiger auf Verstellung,
angenommenen Identitäten und dem Verzicht auf zweifelnde Nachfrage als
eine Shakespeare-Komödie. Zugegeben, wenn Tom Cruise sein Gesicht
abschält und es kommt der charmante Dougray Scott zum Vorschein, dann
hat das was. Als läge unter jedem blassen amerikanischen Actionhelden
ein blendender britischer Kerl mit besten Manieren, und als ginge es nur
darum, Tom in Verbindung zu bringen mit seinem inneren Dougray. Ethan und
Sean tauschen ihre Gesichter mehrmals und intrikate Verwicklungen folgen.
Waffen werden abgefeuert, Glas zersplittert, Explosionen jagen unsere Helden
durch die Luft. Da es sich um einen Film von John Woo handelt, passiert das
alles in Zeitlupe, was den Ballettcharakter des Gemetzels unterstreichen
soll, in erster Linie aber viel Gelegenheit gibt zu der Erkenntnis, dass
Tom Cruise seine Stunts selbst spielt und wie gestresst er darob
aussieht.
Zwischen repetierten Dialogen und Zeitlupe droht der Film zur Mission:
Endlos zu werden. Woo lässt wiederum seiner Begeisterung für
Vögel in Zeitlupe freien Lauf. Ethans Ankuft in der Höhle des Schurken
wird von einer träge die Flügel schwingenden Taube begleitet.
Bevor alles vorbei ist, bekommen wir eine ziemlich ordentliche
Motorradverfolgungsjagd und einige nervtötend lange Handgemenge, die
ihren Höhepunkt im Zusammenprall von Cruises und Scotts Körper
findet, als sich eine Welle am Ufer bricht. Wenn Tom nicht weiterhin die
Boulevardzeitungen wegen Spekulationen über seine sexuellen Vorlieben
verklagen will, dann sollte er solche Szenen wirklich nicht mehr drehen.
Im übrigen erfahren wir noch, dass der Virus, der sonst arg blutige
Reaktionen bei seinen Opfern hervorruft, bei reizenden jungen Frauen vor
allem zu Symptomen anrührend verlorener Nachdenklichkeit
führt.
Die letzte Mission: Impossible war kompliziert und undurchsichtig,
aber wenigstens erinnert man sich noch an die großen Action-Sequenzen.
Diese hier aber ist einfach nur ungar und schlecht geschrieben, und die
häufigen Momente langer Weile führen einen nur zu Fragen wie den
folgenden: sieht die zottelige Frisur nicht besser aus als der verrückte
Schnitt im letzten Film? Sind die wahnsinnig realistischen Latexmasken von
derselben Firma hergestellt, die auch die Stimmensimulation in Scream 3
produzierte? Und wenn ja, heißt die Firma etwa
Nothilfe-für-misslungene-Plots-GmbH?
Wie auch immer, man verrät nicht zuviel, wenn man sagt, dass
am Ende das Gute über das Böse sieht und dass Ethan und Nyah sich
gemeinsam davonmachen, grinsend und schmusend, vermutlich auf dem Weg zu
intimen erotischen Spielchen mit dem Vorrat an wahnsinnig glaubwürdigen
Latexmasken: "Ok, diesmal bin ich Ving Rhames und du bist Nicole
Kidman."
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