Warum also funktioniert der zweite Teil deutlich schlechter als
der erste?
Wo dieser keine Zeit verschwendete, nimmt jener sich zu viel davon
bei jeder Gelegenheit, unpassende darunter. Man wartet, dass etwas passiert.
Und es passiert. Dazwischen aber passiert weniger als passieren müsste,
um der Erwartung die Spannung zu bewahren. Dazwischen aber sagen die Schauspieler
Tarantino-Texte auf, als wären sie von Shakespeare. Das sind sie nicht
und sie sind oft auch für Tarantinos Verhältnisse nicht besonders
gut. Die Ausnahme ist der Superman-Monolog am Ende. Aber noch hier läuft
der Witz der gewundenen Ausdrucksweisen gelegentlich ins Leere, oder ins
Verschmockte.
Die Musik. Das erste Mal verlässt sich Tarantino zu großen
Teilen auf einen Original-Score, geschrieben haben ihn sein Freund und Kollege
Robert Rodriguez und The RZA vom Wu-Tang-Clan. Nur gelegentlich Songs, die
bei Tarantino sonst den Szenen den Kick geben, in das Miteinander von Ton
und Bild, von Szene und Untermalung eine Reibungsfläche einfügen,
aus der die Einstellungen oft ganz unmittelbar Energie beziehen. Hier weist
die Musik, als nach den Bildern entstandene, in deren Richtung. Der
Western-Bolero zur Befreiung aus dem Grab von Paula Schultz ist nicht schlecht,
aber er gibt keinen Adrenalinschub übers Unterstreichen hinaus. Vielleicht
ist das Tarantinos größte Kunst gewesen: der Remix der Gefühle
über gewagte, als perfekte erst im Moment der Kombination begreifbare
Zusammenfügungen von Song und Stillstellung der Narration. Die große,
Unbekanntes aus Bekanntem schaffende Remix-Kunst Tarantinos also im Kleinen,
bei deren Ausfall auch die große leidet.
Der narrativen Verflechtungen sind wenige. Aus dem geschaufelten Grab
eine Rückblende ins Shaolin-Genre. Ausführlich erzählt Bill
seine Geschichte fast ohne Pointe. Ausführlich bebildert der Film die
Ausbildung der Braut und auch hier bleibt die Pointe aus, die Episode bleibt
Episode, aus der Hand geschüttelt, die das Holz zertrümmern wird,
eine Hommage, gewiss, auch im verwaschenen Farbbild, aber zusätzliche
Ebenen, raffinierte Verwirrungen fügt sie nicht hinzu. Ansonsten bleibt
die Chronologie weitgehend gewahrt, die Knoten, die der erste Teil so lustvoll
schürzte, werden nun eher umständlich gelöst (und
tatsächlich gelöst eher als durchschlagen).
Bill hat nicht recht, leider. Die Braut ist kein natural born
killer, sie ist eine natural born mother und das ist, auch wenn
sie dem Kind den Vater nimmt zur Vollendung ihrer Rache, eine Infusion, die
das Genre nun wirklich nicht gebraucht hat. Der erste Teil war da weiter
in der Suspension. Das Schlachtfest endet mit einer Feier von Familienwerten,
einer Feier der Mutterschaft.
Kill Bill, 2. Teil ist kein schlechter Film, aber nach dem grandiosen
Beginn eine gelinde Enttäuschung.
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