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Jean-Luc Godard: Die Verachtung (F 1963)
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Die Kamera, die man, natürlich, nicht sieht, blickt auf eine Kamera, die sich auf Schienen nähert. Die Kamera, die man sieht, blickt auf eine junge Frau, begleitet sie im Travelling, langsam, ganz langsam. Dabei spricht eine Stimme und sie berichtet, was man sonst zu lesen bekommt: die Credits. Ein Film von Jean-Luc Godard. Am Ende der Fahrt schwenkt die Kamera, die man sieht, auf die Kamera, die man nicht sieht, also auf uns, Kamera und Auge des Betrachters, Auge in Auge; vielleicht der schönste Vorspann der Filmgeschichte.
Schematisch und zugleich überaus rätselhaft dieser Film. Eine Satire auf das System Hollywood, am Exempel des Produzenten Prokosch, dessen Geld selbst die Legende Fritz Lang kujoniert. Ein Beziehungsdrama zu gleicher Zeit, das in die Drehverwicklungen hineingewickelt ist, sich aber zwischendurch ganz verselbständigt zum synkopierten Dialog als Zweikampf in der noch nicht bezogenen gemeinsamen Wohnung in Rom. Die Hauptdarsteller des Films: Die Farben rot, blau und gelb. Und die Musik von Georges Delerue.
Prokosch ist der Mann, der alles hat und mehr noch haben will, das Geld, die Villen, die Befehlsgewalt, das Recht zur Interpretation der Odyssee, die Frauen. Eine Ökonomie zwischen den Figuren, über der ein Schleier liegt, man weiß nur: sie liegt zugrunde, sie steuert das Verhalten, dem alle Psychologie ausgetrieben ist. Oder, anders: die Psychologie ist hineingeraten, kaum mehr entzifferbar, hineingeraten in die Räume, die Farben, sei es die der Haare von Brigitte Bardot: blond oder schwarz, null oder eins, Hollywood oder Godard, aber so einfach ist es natürlich nicht.
Ein heruntergekommenes Cinecittà, die Auftritte von Jack Palance, der Vorführraum mit der Inschrift unter der Leinwand: Das Kino ist eine Kunstform ohne Zukunft, die wie ein Diskus geworfene Filmbüches. Die Malaparte-Villa auf Capri, das abgeblätterte weinrot, das Meer, die Stufen, Brigitte Bardot nackt, den Krimi auf dem Hintern, das Dach. Das sind die Bilder, einprägsam, wunderschön, die sich vor das Zentrum des Films schieben, in der Erinnerung, unweigerlich. Dieses Zentrum aber: ein Beziehungsstreit im aufgebrochenen Raum, der Wohnung. Blickhindernisse, ein Hin und Her zwischen den Zimmern, ein Hin und Her der Worte. Psychologie lässt sich immer unterschieben, aber eigentlich ist die Geschichte der Auflösung dieser Beziehung eine der Logik des entgegneten Worts.
Und die Summe dieses Films ein herüber und hinüber geschwenkter Dialog entlang an einer weißen Lampe wie eine Leinwand, mal an-, mal ausgeknipst und das Beharren Piccolis: du liebst mich nicht mehr. Es ist damit alles entschieden, der Rest ein langer Abschied, dessen abruptes Ende spät kommt, letzte Zeilen und ein Autounfall. Und zuallerletzt noch einmal, aber fast blicklos, Langs Film und Godards Film kommen in der Leere überein, der Leere des Ozeans, des Horizonts, finaler Blick ins Nichts: Löschung.
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