Theo Angelopoulos: Die Wanderschauspieler/O Thiassos (Griechenland, 1975)

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Theo Angelopoulos: Die Wanderschauspieler/O Thiassos (Griechenland, 1975)

Griechenland 1975

Regie: Theo Angelopoulos

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Theo Angelopoulos: Die Wanderschauspieler/O Thiassos (Griechenland, 1975)
Kritik von Ekkehard Knörer

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Theo Anglopoulos' Film ist erzählte Geschichte, die die Theorie ihres Erzählens gleich mitliefert. Die Geschichte und Theater eindrucksvoll zusammenzudenken sucht. Im Zentrum steht eine Truppe von Wanderschauspielern, die das immerselbe Stück und nie zu Ende aufführen. Sie sind nicht Subjekte von Geschichte, auch nicht einfach Darsteller, an denen das Historische individualisiert würde. Sie sind ein Kollektivsubjekt und als solches eigentlich gar keines. O Thiassos ist episches Kino, aber nicht so wie Hollywood es versteht, eher so, wie Bert Brecht es verstanden hätte. Ein einziger eklatanter Moment der Verfremdung. Am konventionellsten noch, wenn die Darsteller in der ersten Person in die Kamera sprechen, Schicksale referieren, die man kaum noch als ihre eigenen bezeichnen kann, weil es dieses aufs private Ich konzentrierte Eigene hier nicht gibt. Weniger konventionell, wenn Angelopoulos historische Ereignisse nachstellt, Demonstrationen, die blutig enden, Straßenkämpfe. Das bleibt ganz anti-illusionistisch theatral (ganz ähnlich wie in Rohmers "Die Lady und der Herzog"), Aufmarsch von Theatertruppen.

Ein zentrales Darstellungsprinzip des Films jedoch ist ganz und gar filmisch. Höchst vertrackte Kamerafahrten und -schwenks, die nahtlos, im so eklatanten wie eleganten Bruch mit den Regeln, die fürs Travelling gelten, durch die Zeiten reisen. Die Kamerafahrt endet Jahre, bevor sie begonnen hat. Atemberaubend als Kunststück in sich auch eine Fahrt durch ein nächtliches Haus, die, ganz ohne Worte, von der Einsamkeit einer betrogenen Frau erzählt, einer der Momente, in denen der Blick des Films aufs Individuum zoomt, als exemplarisches. Sonst aber gerät im sanften Gleiten der Kamera alles durcheinander: weder weiß man, an welchem Ort man ist oder landet, noch in welcher Zeit. Unvermerkt ist man in der Vergangenheit. Unvermerkt ist man sogar darin desorientiert: Was ist überhaupt die Gegenwart dieses Erzählens? Das Jahr 1952, das einem eine Erzählerstimme am Beginn als Handreichung präsentiert, in dem der Film am Ende, und immer wieder zwischendurch, wieder ankommt? Und auf welche Weise kreuzen sich hier historische Fakten und Atriden-Mythen? Angelopoulos spielt alles ineinander, ohne es zu erklären, ohne es dem Betrachter zu entwirren.

Es fallen wenig Worte. Rhythmisiert wird der Vier-Stunden-Film durch eine Art musikalische Zwischenspiele, die kaum diegetisch zu verstehen sind, halb Parodie, halb Ernst eines Chorgesangs. Das ist die Logik der Darstellung: Die Schauspieler als Chor, der sich in sich zurückziehen kann, aus dem einzelne heraustreten und individuelle Schicksale andeuten. Angelopoulos wagt Verstöße gegen das Gewohnte, die schnell im Niemandsland des halbgaren Experiments landen könnten. Sie tun es nicht. O Thiassos findet zur ganz eigenen, in sich geschlossenen offenen Form, mutet dem Betrachter viele Anstrengungen zu, viel Nicht-auf-den-ersten-Blick-Verstehen, verlangt ihm viel Geduld ab, aber das ist gerechtfertigt und sei es nur, weil das einer der Filme ist, die einmal gemacht werden mussten, ein Film, der gegen die Konvention, der man sich vielleicht dennoch lieber anheim gibt, ideologisch Recht behält.

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