Charles Vidor: Gilda  (USA 1946)

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Gilda

USA 1946
Charles Vidor: Gilda

Regie: Charles Vidor
Mit Rita Hayworth, Glenn Ford

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Zur Druck-VersionCharles Vidor: Gilda (USA 1946)
Kritik von Ekkehard Knörer

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Der Schauplatz: das Casino. Um hohen Einsatz spielt sein Besitzer, Ballin Mundson, der nicht weniger anstrebt als die Weltherrschaft über, ausgerechnet, die Wolfram-Produktion. Das Casino ist, obgleich eigentlich verboten, errichtet als Deckmantel über das eigentliche Projekt. Überall werden  von Beginn an Gegenstände des Begehrens, ja der Gier, platziert: hier das Kartell, da ein Safe, dessen Geheimnummer Munson dem durch seine Protektion rasch nach oben gelangten Falschspieler Farrell anvertraut. Vor allem aber hat das Begehren ein bis zum Zerreißen (um nicht zu sagen, bis zur (un)freiwilligen Komik) aufgeladenes Zentrum, um das der Film, die beiden - und viele andere - Männer kreisen: Gilda.

Nichts unterlässt die Regie, Rita Hayworth mit keiner Scheu vor Übertreibung und karikaturesker Maskerade (gerade noch plausibel gemacht durch oft genug schnell herbeifabulierte Kontexte: Feier des Kriegsendes, Nachtclubkarriere aus Trotz) zum Vamp, zur Femme Fatale zu stilisieren. Raffiniert, aber das Gegenteil von subtil, der erste Auftritt: Johnny Farrell hört erst nur ihre Stimme, die Kamera zoomt auf sein Gesicht, es vergehen zehn, zwanzig Sekunden, in denen man den Blick der Kamera auf die Frau herbeisehnt. Was folgt ist noch ein Aufschub, der Blick erst auf eine weitere Tür, dann, endlich, auf die Frau. Es sind solche Binnenlogiken der Narration, auf die sich der Film verlässt. Und gerade der Ausfall glaubhafter psychologischer Motive verstärkt, im Verbund mit der Verzögerungstaktik, den mythischen Charakter der Figur. Die Abwesenheit von Handlungselementen, die der ernsthaften Nacherzählung nicht spotteten, konzentriert den Blick und die Identifikationslust des Betrachters auf die reine Oberfläche: die Dreierkonstellation aus in ihren Beweggründen und Nuancen nie wirklich durchsichtig werdender Eifersucht und sadistischer Lust an der Verletzung, masochistischer Lust an der Selbstzerstörung (eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei Mundsons Freund, ein universalphallischer Gehstock mit ausfahrbarem Stilett).

Auch die Kamera arbeitet effektvoll, ja aufdringlich an der Herstellung dieses Figurenreliefs. Immer wieder entscheidet sie sich für inszenierte Konstellierungen in (Beinahe-)Großaufnahmen von Gesichtern, in einer Licht und Schatten unnatürlich verteilenden, so Kontraste erzeugenden Mise-en-Scène. Geradezu frivol fängt sie in einer Einstellung erst Gildas empor gestreckten Fuß ein, bevor sie sich daran macht, diegetisch Sinnvolles zu produzieren. (Das mit dem Sinn hält sich freilich insgesamt in engen Grenzen). Zugespitzt ist der Film auf die zu Recht berühmt gewordenen Show Acts: lasziver Gesang, noch viel lasziverer Striptease.

Gilda ist ein Konglomerat von Film-Noir-Versatzstücken - Pastiche des Genres (falls der Film Noir eines ist) und gerade darin recht eigentlich ein Paradebeispiel. Die Stimmigkeit des Noir, der Pulp Fiction kann gut und gerne auf Schlüssigkeit von Plot und Charakterentwicklung verzichten, solange sich die Dringlichkeiten, die an der Oberfläche liegen, vermitteln: der Thrill verdankt sich einer Bedrohung, deren Mechanismen ungeklärt bleiben - und ist so das Gegenteil von Suspense, der darin besteht, dass man auf das Eintreten des Erwarteten wartet. Die Wendungen, die Gilda nimmt, sind wild. Das Tempo ist hoch, die Geschichte ist zusammengeschustert aus Ideen, die in sich wirkungsvoll sind, in Steigerungs-, nicht unbedingt in Plausibilisierungszusammenhängen mit vorhergehenden und nachfolgenden Elementen des Films stehen. Das ist kein Mangel, es handelt sich um eine Kunst. Nicht der Zurückhaltung, nicht der Konsequenz, sondern der Übersteigerung.

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