Zwar ist der Plot in "Miss Frontier Mail" kaum mehr als ein Vorwand
für die Action, die reichlich entfaltet wird, interessant ist er dennoch:
Es geht nämlich um einen Kampf der Verkehrssysteme. Der Chef der neuen
Fluglinie bezahlt Shyamlal, den Bruder eines Stationsvorstehers der Eisenbahn,
für Sabotageakte an der Bahnlinie. Die verschiedenen Anläufe zur
mehr oder weniger phantasievollen Zerstörung (die übrigens am Ende
glückt, es kommt zu einem katastrophalen Unfall, der den Film freilich
nicht weiter interessiert) ergeben die Struktur der Geschichte. Das Personal
zerfällt in zwei Lager, die Shyamlal (in seiner Camouflage als schurkischer
"Signal X") ergebene Bande skrupelloser Verbrecher - angeführt von einer
Frau - einerseits, die Verwandten und Freunde von Savita (Miss Frontier Mail)
andererseits. Savita ist die Tochter des Stationsvorstehers, dessen Unschuld
sie nun zu erweisen sucht.
Auf dem Weg dahin gibt es Kämpfe und Tote, Gefangennahmen und
Fluchten, Anschläge und spektakuläre Rettungsaktionen. Mehrfach
rasen, nach Art des Thrillers, Züge aufeinander zu, aber auch an
Slapstick-Elementen fehlt es nicht: in erster Linie dafür zuständig
ist die Figur Labhoo, intellektuell keine Leuchte, ständig Bananen essend,
höchst merkwürdig frisiert. Im Grunde aber konzentriert sich alles
auf Savita, gespielt vom großen Action-Star des indischen Kinos der
dreißiger- und vierziger Jahre, Fearless Nadia. Und welch ein
unwahrscheinlicher Star: blond, blauäugig, griechisch-australischer
Abstammung, Hindi sprechend mit heftigem Akzent, selbst für das indische
Schönheitsideal wohl ein bisschen zu wenig schlank. Aber
fäusteschwingend, über Zugdächer rennend, Männer über
die Schulter werfend und durch die Gegend schwingend. Sie verbreitet Angst
und Schrecken und dekouvriert am Ende den Feind im eigenen Haus, den Oberschurken
"Signal X". Der findet freilich seinen Tod dann, auf der Flucht, nur zu
konsequent im Flugzeug. Der Sieg der Eisenbahn ist vollständig und
triumphal.
Inszeniert ist der Film mit einer Unbekümmertheit, einem
Vorwärtsdrang, die seiner Heldin in nichts nachstehen. Um die rasanten
Verfolgungs- und Kampfszenen noch rasanter zu machen, hat man sie leicht
zeitgerafft. Keine auf dem Weg liegende komische Nummer wird ausgelassen,
nie jedoch gehen sie auf Kosten der Heldin, bei deren Kampfesmut und
Körperkraft jeder Feministin das Herz im Leibe lachen muss. Dazu kommt
gehörige Chuzpe bei diversen Trickmontagen, unterstützt von einigen
der übermütigsten Blenden diesseits von Star Wars.
Selbstverständlich kommt die Liebe nicht zu kurz, zwei Paare werden
sich am Ende gefunden haben, der Kuss - das ewige Thema Bollywoods - erfolgt,
letzte Einstellung, hinter der den Blick schirmenden Zeitung vom Tage, die
die Heldentaten von "Miss Frontier Mail" berichtet. |