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Jean Renoir: This Land is Mine (USA 1943)

Kritik von Ekkehard Knörer 

Die Künstlichkeit der Kulissen, das Pappmaché, dem die Stiefeltritte der Soldaten aus dem Off erst zugespielt werden müssen: das ist die nicht nur geografische, sondern auch ästhetische Fremde, in der Renoir seinen Film ohne Lokalkolorit situieren kann. Mit dem Bild der Besetzung beginnt die Geschichte, oder nein: mit dem Bild eines Denkmals, das an die Friedenskämpfer des Ersten Weltkriegs erinnert. Dieses Denkmal ragt schräg noch in die Ankunft der Deutschen, "somewhere in Europe". Der Bürgermeister schüttelt die Hand. Als Chef der Besatzer wollte Renoir - wie in "Die große Illusion" - Erich von Stroheim, nun hängt Walter Slezak der linke Arm mit dem weißen Handschuh als falscher von der Seite.

Ein Film der Typen. Major von Keller ist ein Typ aus Granit mit gemütlicher Oberfläche. Ein Mann, der Tacitus zitiert und den Professor, der das Tacitus-Zitat gegen die Besatzer wendet, kurzerhand vors Erschießungskommando schickt. Ein Mann, der strategische Rücksichten kennt, aber keine moralischen. Sein Gegentyp, physiognomisch nicht ganz unverwandt, ist der Lehrer Albert Lory, dem Charles Laughton Profil, Gestalt, Charakter und die Form des verzagten Heldenmuts gibt. Der Film läuft zu auf den Moment, in dem Lory, der Schwächling, das Muttersöhnchen, das bibbernde Häufchen Elend im Luftschutzkeller, sich erklärt, in aller Öffentlichkeit. Vielmehr: am letzten Ort, der als öffentlicher noch übrig ist, vor Gericht.

Er findet sich dort als unschuldig eines Mordes Verdächtigter. Er erklärt sich, in mehr als einem Sinn und in zwei Anläufen. Mit sanfter Stimme erklärt er sich - sich selbst. Als einen, der außen feige ist und innen mutig. Und die anderen, den Kollaborateur Lambert etwa, also solche, die innen feige sind und außen mutig, eine Schizophrenie, die sich nicht leben lässt. Charles Laughton modelliert diese Figur vor den Augen des Betrachters, die aufgeworfene Lippe im Babygesicht, der Körper windet sich erst, dreht sich dann, das Publikum adressierend, von links nach rechts. Die auf Papier festgehaltenen Notizen werden überflüssig vor der Evidenz der Verfertigung eines Selbstbewusstseins, das sich nur der Wahrheit, die aus einem spricht, verdanken kann. Laughton beherrscht hier nicht die Kunst des Pathos, das einer existenziellen Situation abgewonnen wird, sondern er führt die sehr viel größere Kunst vor Augen, ein Pathos sich einstellen zu lassen in Stimme, Körper, Gesten einer Figur, die ihrer selbst erst zögerlich, dann immer bestimmter, gewiss wird, sich, dem, was aus ihr spricht, folgt, aus einer Notwendigkeit heraus, die im selben Augenblick erst erkannt wird.

Albert Lory ist als Charakter und Typ so wenig fertig bis zu diesem Moment wie der Körper Charles Laughtons unfertig scheint, ein Riesenbaby, das immer nur zurück will in den Schoß der Mutter. Die aber ist, angesichts von Laughtons Kunst, der in seinem Körper sie immer schon mitspielt (die Mutter, den Wunsch, sich in ihr zu verkriechen), ganz überflüssig. Und die andere Erklärung: Er liebt die Kollegin Louise, die mutiger ist, die der Angst im Luftschutzkeller den Gesang entgegenschleudert. Indem er sich erklärt und in diesen Erklärungen, die zum flammenden Aufruf zum Widerstand werden, findet der Mann, der Körper sich selbst als einen, den er so nicht kannte. Von diesem aber lässt er sich an die Hand nehmen zum Triumph, der folgen muss. Für den Tod hat Lory, hat Renoir nur Verachtung. Die Kamera schwenkt nach links, dem von den Nazi-Schergen Abgeführten hinterher, aber sie folgt ihm nicht. Vielmehr schwenkt sie mit der Lehrerin, die den Mann, der in ihren Augen, unter ihren Blicken zum Helden geworden ist, ein erstes und letztes Mal küssen durfte, zurück ins Lehrerzimmer, das Lory verlassen muss. Fortgesetzt wird die Erklärung der Menschenrechte, mit starker Stimme und festem Blick sieht Maureen O'Hara den Kindern, der Kamera ins Gesicht, das ist das Ende. Kein Schuss fällt, dem Tod wird kein Raum gegeben.

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