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Backlist: Jean Renoir: La Chienne (1931) |
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Backlist
Jean Renoir: La Chienne (1931) ________________________________________________________________ |
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La Chienne beginnt mit drei Eröffnungsszenen. Die erste spielt auf dem Puppentheater, ein Kommentator, der die dramatis personae vorstellt (unterstützt von sanften Doppelbelichtungen), nachdem er sich die Interpretationshoheit mit Knüppelgewalt gesichert hat. Wenn er sagt, dies sei eine simple Dreiecksgeschichte ohne Helden und Schurken, es gebe nur ihn, sie und den anderen, dann sollte man kein Wort davon glauben. Die zweite Eröffnungsszene zeigt Monsieur Legrand auf einer Feier im Kreise seiner Arbeitskollegen. Er wird markiert als der Außenseiter, über den man sich lustig machen kann, einen schlechten Scherz, den man sich mit ihm erlauben will, vereitelt er durch den Aufbruch nach Hause. Dritte Szene: Lulu und Dédé torkeln durch Paris, betrunken, Dédé schlägt und tritt Lulu, auf einer Treppe gehen sie zu Boden. Hier nun treffen die drei, Monsieur Legrand, Lulu, Dédé, zusammen, hier verketten sich ihre Schicksale zum Verhängnis, das aller drei Leben zerstören wird. Im folgenden entwickelt der Film konsequent die Beziehungen der drei untereinander, weiteres Personal kommt vom Rande her dazu: die Xanthippe, die Legrand zur Ehefrau hat und deren im Ersten Weltkrieg gefallener und eines Tages überraschend - und mit einem Erpressungsversuch - wieder auftauchender erster Ehemann. Auf Dédés Seite treten ergänzend Zechkumpane und Kartenspieler hinzu. In geradezu abstrakter Weise inszeniert La Chienne die sich entwickelnden Beziehungen in der Beschränkung auf Zweierszenen. Legrand und Lulu, Lulu und Dédé, Legrand und seine Ehefrau. Unterbrochen wird diese Psycho-Geometrie der Vereinzelung durch Zusammentreffen, die dann die Höhepunkte des Films sind. Eine Bohèmeparty, die sich allerdings auch wieder in wechselnde tete-à-tetes auflöst. Der Moment der Enthüllung, in dem Legrand, Dédé und Lulu sich zum zweiten Mal begegnen. Renoir filmt diese Szene durch das Fenster, rahmt die Einstellungen dadurch so, dass die Inszenierung die Personen doch wieder separiert. Legrand, der Hintergangene, steht alleine da, in der Tür, im Rahmen des Fensters, im Bild. Eingelassen ist der Film in den weiteren Rahmen der Puppentheaterbühne: der Szene zu Beginn korrespondiert der sich schließende Vorhang am Ende. Was sich zwischen den Personen entwickelt, sind Beziehungen, die buchstäblich oder metaphorisch ökonomischer Art sind. Manifest geht es um den Betrug am blauäugigen Legrand, der wiederum an seine geizige Frau gefesselt ist. Noch sein von dieser giftig bekämpfter Versuch, sich in der Malerei einen Freiraum zu schaffen, wird von Lulu, der damit ein Liebesdienst erwiesen werden soll, umstandslos ausgenutzt, die die Bilder über Dédé an einen Kunsthändler verkauft. Selbst hier proliferieren die Ökonomien noch einmal, die Künstler-Party wird in erster Linie unter dem Aspekt der Verkaufsveranstaltung vorgeführt. Lulu wird es zum Verhängnis, dass Legrand nur auf eine Weise auf das emotionale Falschgeld reagieren kann, mit dem ihn Lulu bezahlt. Ihr Spiel ist raffinierter als sein Ernst, der ihn zum beinahe jeder Artikulation unfähigen Opfer macht. Sein Ernst freilich ist allemal blutiger - und Legrand lernt schnell. Auf den Umgang mit der Affekttat ist er durch sein (eher ins Komödienregister gehörendes) Intrigenspiel um seine Ehefrau und deren Ex-Ehemann gut vorbereitet. Sollte La Chienne so etwas wie Gerechtigkeit herstellen, dann ist sie von der Art einer Gleichung, bei der das richtige Ergebnis auf dem falschen Weg erzielt worden ist. Freilich ist die Bilanz mehr als düster und kompliziert: die Täter sind, verdientermaßen, möchte man fast sagen, zu Opfern geworden, das Opfer zum Täter und als dieser, im Epilog, wiederum, verdientermaßen auch hier, zum Opfer. Drei Leben sind zerstört, mindestens, aus keinen besseren Gründen als Habgier und Blindheit der Beteiligten. Wenn das Gerechtigkeit ist, möchte man das Unrecht nicht kennenlernen.
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