John Tremble ist ein kleiner Buchhalter, sein Gehalt reicht kaum,
die Familie, zu der seine Frau und seine Mutter gehören, zu ernähren.
Zu Weihnachten hat er genug vom Elend, verspielt den Rest des Geldes beim
Versuch es zu vermehren. Der nächste Schritt macht alles nur noch schlimmer:
er unterschlägt eine beträchtliche Summe in seiner Firma, die
Rechnungsprüfung kommt, er taucht unter. Und zwar gründlich: lebt
erst in einer kleinen Hütte am Fluss, in Lumpen, und ernährt sich
vom Fisch, den er fängt. Eines Tages hängt eine Leiche an der Angel;
er beschließt, sich aus der Welt zu schaffen und fingiert den Mord
an sich selbst. Die Jahre vergehen. Nach langem Zögern heiratet seine
Frau den einstigen Oberrechnungsprüfer, jetzt Gouverneur des Staats.
Tremble selbst beginnt einen unaufhaltsamen Abstieg vom Dockarbeiter zum
Tramp. Das ist, über Jahre hinwegspringend, parallel montiert zum Aufstieg
seiner Ehefrau. Endlich kehrt er zurück zu seiner Mutter - kaum erkennt
sie ihn wieder, stirbt sie schon. John Tremble kommt vor Gericht, angeklagt
des Mordes an sich selbst, und wird zum Tode verurteilt.
"Whispering Chorus" ist ein bitteres Sozialdrama, man hat, gar nicht
zu Unrecht, im historischen Rückblick die Anfänge des Film Noir
darin sehen wollen. Eine Welt der Widerstände bringt Tremble zu Fall.
Jedoch ist sein Abstieg ganz ausdrücklich nicht in die Hände des
Schicksals gegeben. Von Anfang an stellt De Mille seinen Helden in eine Reihe
von Entscheidungssituationen. "Whispering Chorus" ist im Grunde nichts anderes
als die Visualisierung des Glaubens an den mehr oder weniger freien
Willen des Individuums, Illustration also einer voluntaristischen Moral (oder,
weniger streng gelesen: ihrer Gebrechlichkeit). Der flüsternde
Chor nämlich des Titels sind die in Überblendungen sichtbar gemachten
widerstreitenden Stimmen des Innern. Stets bieten sie Alternativen: zum
Verbrechen locken die Männer und die Frau plädiert für den
Verbleib auf dem Pfad der Tugend. Die Schuld lässt sich so problemlos
verorten, nicht in den Verhältnissen, sondern im falschen Weg, den Tremble
ein ums andere Mal wählt. Und als Schulddiskurs macht die ungeschminkte
Bitternis dann Sinn. John Tremble muss Buße tun - und Gnade ist nicht
vorgesehen, der Film folgt ihm bis auf den elektrischen Stuhl. Für sein
Sterben findet De Mille ein treffliches Bild: in einer weißen Blüte,
die Tremble in der Hand hält, deren Blätter nach den
Stromstößen zu Boden sinken, vereinen sich Metapher und Metonymie
zum visuellen Reden vom Tod (und zugleich natürlich zur Vermeidung der
nackten Anschauung).
Stets geht es im übrigen so sehr um Tremble wie um das neue
Glück seiner Frau in den Armen des Gouverneurs. Auch sie hat Erscheinungen
geisterfotografischer Natur - etwa eines künftigen, die Liebe familial
abrundenden Kindes. Ihr Gewissen treibt sie zur Wahrheit - denn spät,
aber nicht zu spät, hat sie im zum Tode Verurteilten ihren Ehemann erkannt.
Der aber zeigt sich bereit Buße zu tun, die letzte Hoffnung aufs Leben
fahren zu lassen. Er tritt, zuletzt, als Toter aus dem Bild. Aus der Liebe
des neuen Paares wird er, als durchscheinender Zombie, ausgetrieben, selbst
nun zur Geistererscheinung geworden; zur stummen. |