Thomas Harris ist ein Autor, der unter Einsatz
grober Klischees arbeitet, es nie bei Andeutungen belassen kann, alles
ausbuchstabiert. Ridley Scott ist ihm da durchaus kongenial: ein Regisseur,
der den unseligen Drang hat, alles zu bebildern, was sich nur bebildern
lässt: nicht nur das an der Handlung, was vielleicht im dezenten visuellen
Understatement zu besserer Wirkung käme, sondern auch gleich
Rückblenden und Visionen mit dazu. All seine Bilder sollen, darüber
hinaus, Eindruck machen, wollen grandios sein, wollen überwältigen.
Welch ein Glück, dass man für Hannibal auch gleich noch den
pompösesten aller Hollywood-Komponisten engagiert hat, Hans Zimmer,
ohne den aber ohnehin keine Großproduktion mehr auskommt.
Unter diesen Voraussetzungen ist es klar, dass die Subtilität
Hannibal Lecters nur eine behauptete sein kann, ein schlechter, in erlesene
und edel ausgeleuchtete florentinische Dekors platzierter Witz. Sie wird
vom Buchstäblichkeitssinn der Figur sogleich konterkariert, der - als
Bruder im Geiste seiner Erschaffer - sein Opfer in sklavischer Nachahmung
des historischen Vorbilds hinrichtet. Die nach außen purzelnden Eingeweide
sind eine passende Metapher für den Film, der auch nichts für sich
behalten kann, der jeder seiner Figuren sogleich auf die Stirn schreibt,
was von ihr zu halten ist, ja sogar: was mit ihr geschehen wird.
Nachdem aber die Plot-Maschinerie von Hannibal auf denkbar plumpe
und zähe Weise einmal in Gang gekommen ist, nach Art eines sich selbst
verleugnenden B-Movie-Plots, der vergeblich versucht, sich psychologisch
zu plausibilisieren, nachdem das Gefecht endlich eröffnet ist zwischen
Clarice und Hannibal, entfaltet der Film seine Reize. Die liegen weniger
im Katz- und Maus-Spiel zwischen den beiden (dazu kommt noch, etwas
überflüssigerweise, Mason Verger), sondern ganz in der - auf einen
bewundernden Gegner in narzisstischer Fixierung angewiesene - Hannibal-Figur
selbst, die hier als Mythos recht gründlich demontiert wird; durch Auftritte
im Pyjama, durch die albernen (aber immer wieder ganz lustigen) "okey-dokeys"
und "ta-tas", die Anthony Hopkins maliziös zu setzen weiß.
Als endlich alle Karten auf dem Tisch liegen, kommt der Film - in
aller Brutalität - zu Szenen, die es in sich haben. Die Geschichte
läuft hinaus auf ein so bestialisches wie komisches Abendmahl, bei dem
Hass und Liebe ohne weitere Sublimierungen auf den Tisch kommen. Die
Dreierkonstellation, in der der Reiz des ganzen liegt, wird hier unvermischt
präsentiert: Hannibal, der am gemeinsamen Objekt des Hasses seine auf
etwas verschobene Weise zum Ausdruck kommende Liebe zu Clarice demonstriert.
Clarice, die ihren Hannibal nun fast offen bewundern darf, sich zuletzt auf
ein reizendes Sado-Maso-Fesselungs-Spielchen einlässt und der es gelingt,
ihn sich, der zu mehr als einem schüchternen Kuss auf direktem Wege
nicht imstande ist, ein Unterpfand der Liebe selbst entreißen zu
lassen.
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