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BERLINALE 2001

Aktuelle Berichterstattung
von Sascha Rettig

Frank Wellers Tagebuch

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HANNIBAL

USA, 2000, 132 min
Regie: Ridley Scott
mit Anthony Hopkins, Julianne Moore, Giancarlo Giannini

Sonntag, 11. Feb, 2001 16:00 Uhr Cinemaxx 7
Sonntag, 11. Feb, 2001 22:30 Uhr Berlinale-Palast
Montag, 12. Feb, 2001 15:00 Uhr Royal Palast
Montag, 12. Feb, 2001 23:30 Uhr Royal Palast

Info
Mit einem Einspiel von 58 Millionenn Dollar hat Hannibal gerade sein überaus erfolgreiches erstes Wochenende in den USA hinter sich.

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KRITIKENSPIEGEL

JUMP CUT KRITIK von Ekkehard Knörer
Thomas Harris ist ein Autor, der unter Einsatz grober Klischees arbeitet, es nie bei Andeutungen belassen kann, alles ausbuchstabiert. Ridley Scott ist ihm da durchaus kongenial: ein Regisseur, der den unseligen Drang hat, alles zu bebildern, was sich nur bebildern lässt: nicht nur das an der Handlung, was vielleicht im dezenten visuellen Understatement zu besserer Wirkung käme, sondern auch gleich Rückblenden und Visionen mit dazu. All seine Bilder sollen, darüber hinaus, Eindruck machen, wollen grandios sein, wollen überwältigen. Welch ein Glück, dass man für Hannibal auch gleich noch den pompösesten aller Hollywood-Komponisten engagiert hat, Hans Zimmer, ohne den aber ohnehin keine Großproduktion mehr auskommt.

Unter diesen Voraussetzungen ist es klar, dass die Subtilität Hannibal Lecters nur eine behauptete sein kann, ein schlechter, in erlesene und edel ausgeleuchtete florentinische Dekors platzierter Witz. Sie wird vom Buchstäblichkeitssinn der Figur sogleich konterkariert, der - als Bruder im Geiste seiner Erschaffer - sein Opfer in sklavischer Nachahmung des historischen Vorbilds hinrichtet. Die nach außen purzelnden Eingeweide sind eine passende Metapher für den Film, der auch nichts für sich behalten kann, der jeder seiner Figuren sogleich auf die Stirn schreibt, was von ihr zu halten ist, ja sogar: was mit ihr geschehen wird.

Nachdem aber die Plot-Maschinerie von Hannibal auf denkbar plumpe und zähe Weise einmal in Gang gekommen ist, nach Art eines sich selbst verleugnenden B-Movie-Plots, der vergeblich versucht, sich psychologisch zu plausibilisieren, nachdem das Gefecht endlich eröffnet ist zwischen Clarice und Hannibal, entfaltet der Film seine Reize. Die liegen weniger im Katz- und Maus-Spiel zwischen den beiden (dazu kommt noch, etwas überflüssigerweise, Mason Verger), sondern ganz in der - auf einen bewundernden Gegner in narzisstischer Fixierung angewiesene - Hannibal-Figur selbst, die hier als Mythos recht gründlich demontiert wird; durch Auftritte im Pyjama, durch die albernen (aber immer wieder ganz lustigen) "okey-dokeys" und "ta-tas", die Anthony Hopkins maliziös zu setzen weiß.

Als endlich alle Karten auf dem Tisch liegen, kommt der Film - in aller Brutalität - zu Szenen, die es in sich haben. Die Geschichte läuft hinaus auf ein so bestialisches wie komisches Abendmahl, bei dem Hass und Liebe ohne weitere Sublimierungen auf den Tisch kommen. Die Dreierkonstellation, in der der Reiz des ganzen liegt, wird hier unvermischt präsentiert: Hannibal, der am gemeinsamen Objekt des Hasses seine auf etwas verschobene Weise zum Ausdruck kommende Liebe zu Clarice demonstriert. Clarice, die ihren Hannibal nun fast offen bewundern darf, sich zuletzt auf ein reizendes Sado-Maso-Fesselungs-Spielchen einlässt und der es gelingt, ihn sich, der zu mehr als einem schüchternen Kuss auf direktem Wege nicht imstande ist, ein Unterpfand der Liebe selbst entreißen zu lassen.

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Zeit

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Durch den Film spukt zwar eine Ahnung vom Stand des Serienkiller-Kinos. Beherrscht wird er allerdings von der Ahnungslosigkeit darüber, wie es wohl damit weitergehen könnte. Während Scott seinen mörderischen Helden noch durch die Welt schiebt, inszeniert er unter der Hand schon eine Art Nachruf auf ihn. Mit Hannibal wird das coole Böse zu Grabe getragen; sein Glanz ist erloschen. Merten Worthmann Bis dahin ist zwischen New York, Sardinien und Florenz so viel Mummenschanz und Drehbuchmüll aufgefahren worden - und vom merkwürdigen Vater-Tochter-Verhältnis der beiden so wenig übrig, dass sie genauso gut Eis essen gehen könnten. Katja Nicodemus Wenn Lecter sich kannibalistisch zur Kunst verhält, dann sitzt Scott neben ihm am Tisch: Seine Bilder speisen sich aus den Folterkammern der Kunstgeschichte – und was hier am Ende der Nahrungskette steht, sind Szenen, die einerseits unendlich grausam sind; und andererseits sind sie so prätentiös, dass es schmerzt. Florenz klingt wie Demenz und sieht hier wie eine Krankheit aus, und so soll es wohl auch sein. Claudius Seidl Regie führt Ridley Scott und das Kannibalen-Werk wird dem Altmeister kräftig um die Ohren geschlagen. Dabei hat Scott das gemacht, was er immer macht. Mit dem Instinkt eines Balladensängers kostet er die Grauslichkeiten seines Plots aus, verfängt sich in abstruse Sackgassen und kriegt nur mit Müh und Not die losen Enden wieder zusammen. Angela Schmitt-Gläser

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SCHWARZES BRETT