In kaum einem anderen Genre oder Subgenre macht das Kino eine
unglücklichere Figur als in dem der Künstlerbiografie. Das gilt
für Hollywood - wo man der Tatsache der eigenen industriellen Fertigung
gerne genieästhetische Emphase entgegensetzt - wie für
unabhängigere Produktionen, die den fatalen Kurzschluss vom Leben aufs
Werk durch Rücknahme des Sentiments vielleicht nur umso deutlicher ins
Bild setzen. Und sind die eingeführten Kürzel der Veranschaulichung
schriftstellerischer Zeugungsakte schon schlimm genug, wird es so recht fatal,
wenn in gänzlich falscher Anschaulichkeit die Bilder des Kinos die
vermeintlichen Sichtbarkeiten der bildenden Kunst zu illustrieren versuchen.
Nahe liegt's, die Bilder zu filmen und den Künstler in der Situation,
die zu den Bildern führen. Hier, scheint man zu glauben, ist das Genie
zu fassen, in seinem Tun, das doch die Wirkung einer Ursache sein muss. Leider,
wie man in Chihwaseon nun mit ansehen kann, ist auch der koreanische
Kunstfilm gegen das Hineintappen in die Fallen der biographical fallacies
nicht gefeit. Auch hier reduziert sich die Komplexität des Werks
(der Künstler, dessen Legende hier verbreitet wird, ist Jang Seung-up,
gelebt hat er im zwischen chinesischen und japanischen Herrschaftsgelüsten
geschüttelten Korea des späten 19. Jahrhunderts) wie von selbst
aufs Klischee, das allemal den Vorzug der Darstellbarkeit hat. Ja, es scheint
kaum eines ausgelassen. Der Maler ist ein hochfahrender Mann, der mit seinem
Genie kaum zu Rande kommt, sich besäuft und rumvögelt ohne
Rücksicht auf Verluste. Auch mal vors Haus geht und rumschreit, weil
er's nicht mehr aushält oder rittlings auf dem Dach sitzt, die Flasche
in der Hand. Wäre es ein europäischer Film, der Held würde
unfehlbar von Bruno Ganz gespielt.
Ins Bild gesetzt wird das Hohelied aufs asoziale Künstlertum
in einer Ästhetik, die ihr eigenes Künstlertum denkbar akademisch
versteht: als Produktion schöner Bilder, an denen freilich auf den zweiten
Blick vor allem die gedankliche Leere atemberaubend ist, die sie verdecken
sollen. In farblich vorzüglich abgestimmten Landschaften (gelegentlich
auch im floralen Detail) finden wir den Künstler unterwegs, in jener
Ruhelosigkeit, die dem Naturell des Genies entspricht. Im Kwon-taek erzählt
die Geschichte, immerhin, im Verzicht aufs Epische, als Skizze in Sprüngen
eines Lebenswegs, der sich, trotz Ellipsen, am Ende doch zur
Künstlerbiografie rundet. Gipfel und unangenehmer Höhepunkt des
Ganzen: ein Beischlafakt, bei dem - natürlich ist das alles eine
höchst misogyne Veranstaltung - die Frau darum bettelt, dem Genie einen
Sohn zu gebären. Er möge zu diesem Zweck tief in sie eindringen,
stößt sie hervor. Im Kwon-taek filmt den Vorgang als - freilich
gewaltsam unterbrochenen - hieros gamos und bestätigt darin noch
einmal die kaum zu fassende Gläubigkeit, mit dem er dem Gegenstand seiner
Darstellung begegnet.
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