Jump Cut Magazin

Schwerpunkt Asien: Das Kino Südkoreas

 

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Lee Yun-ki: This Charming Girl (Korea 2004)

Kritik von Ekkehard Knörer

Die Bilder verschweigen nicht, dass da mehr ist als die Gegenwart des charmanten, stillen Mädchens, die sie zeigen. Dass sie aber dieses Mehr nur flüsternd zeigen, dass sie kaum sprechen und es doch nicht verschweigen, das nimmt ein für „This Charming Girl“, so lange dieses Flüstern währt.

Kim Ki-duk: 3 Iron (Südkorea 2004)

Wie stets gilt die Vermutung, dass Kim Ki-Duk nicht weiß, was er tut. Jedenfalls möchte man gar nicht wissen, was er zu tun glaubt. Seine große Stärke aber besteht wiederum darin, dass er weder sich noch uns Erklärungen auftischt. Was geschieht, bleibt rätselhaft und aus den Rätseln macht Kim leere Bilder eher als solche, in denen er etwas wie Bedeutung versteckte. Dies hier umso nachdrücklicher, als das Liebespaar, das hier in Wohnungen einbricht, um Kaputtes ganz zu machen und sich ansonsten häuslich einzurichten für den Moment, schweigt und schweigt. Golfbälle und Schläger treten auf als Leitmotive, man nimmt es hin. Der Mann wird zum Geist, einfach so, und erst am Schluss, als alles sich in einer ménage à trois einrichtet, wie es sie so auch noch nicht gab, fallen zwischen den Liebenden drei Worte. Geschlechterpolitisch bewegt sich das wie oft bei Kim am Rand des Indiskutablen, lesbar im besten Falle als (misogyne) Männerfantasie von einer Frauenfantasie. (EK)

Park Chan-Wook: Old Boy (Südkorea 2004)

Von Ekkehard Knörer

Es bleibt ihm nichts, all die Zeit, als das Erinnern. Das Erinnern der Zeit selbst, die er sich, Jahresstrich für Jahresstrich, unter die Haut tätowiert, das Erinnern der Zukunft, die die Rache sein wird, für die Gewalt, die ihm angetan wird, jede Minute seiner Isolation. Das Erinnern der Gegenwart, die nicht zerrinnen darf, die den Willen zur Rache wachhalten muss, er schreibt sie nieder, Seite um Seite, Buch um Buch.

Kim Ki-duk: Samaritan Girl (Südkorea 2003)

Rezension von Ekkehard Knörer

Noch einmal ein Perspektivwechsel kurz vor dem Ende, im Moment, in dem die schlimmste Wendung ausbleibt. Eine Totale aus weiter Entfernung, Yeo-Jin am Ufer eines Flusses, kaum noch erkennbar. Schnitt: Ein Blick aus noch weiterer Ferne. Wer hier blickt, ist ein christlicher Gott, sein Blick ist ein barmherziger. Und siehe: Es war gut.

Kim Jee-woon: A Tale of Two Sisters (Südkorea 2003)

Rezension von Ekkehard Knörer

Und so sehr es einen Twist gibt, einen Moment der Auflösung, so wenig gelangt der Film mit diesem Moment - wie es beinahe jeder andere Film täte - an seinen toten Punkt. Keineswegs verschwindet der Schrecken. Und seine Permanenz ist nicht eine Sache gespenstischer Wiederkehr und Wiederholung, sondern einer Ausweglosigkeit, die nur zu immer weiteren Spaltungen und psychotischen Verdopplungen führt.

E J-yong: Untold Scandal (Südkorea 2003)

Rezension von Ekkehard Knörer

Und man sehe und staune, das ganze höfische Intrigenspiel wird entfaltet, nun aber im koreanischen Gewand, mit erstaunlichsten Hüten, asiatischen Kleidern undsoweiter. Man sitzt meist auf dem Boden - und schon das macht einen gewaltigen Unterschied. Das Tempo ist verlangsamt, statt Dynamik setzt E J-yong auf Statik, die Entwicklung ist ins mehr ins Einzelbild verlagert, ins Zucken der Mundwinkel, ins Hochziehen der Braue.

Park Chan-wook: Sympathy For Mr. Vengeance (2002)

Rezension von Ekkehard Knörer

Statt Emotionen, könnte man sagen, produziert Park Schnitte und Blut, mit aller Konsequenz. Die Wirkung ist - darin liegt ein gewaltiger Unterschied zu manchem Splatter-Schlachtfest - niemals berauschend, sondern, trotz des gelegentlich aufblitzenden schwarzen Humors, immer ernüchternd.

Byun Young-joo: Mil-Ae (2002)

Rezension von Ekkehard Knörer

Es scheint, als wollte sich Byun Young-joo gerade in den Momenten des Exzesses und der Überschreitung der erzählerischen wie der moralischen Konvention mit beinahe kunsthandwerklichen Griffen auf sicheres Terrain zurückziehen. Geschmack ist Mil-Ae nicht abzusprechen, an Wagemut und Leidenschaft aber fehlt es dem Film.

Chihwaseon (Im Kwon-taek, 2002)

Kritik von Ekkehard Knörer

Ins Bild gesetzt wird das Hohelied aufs asoziale Künstlertum in einer Ästhetik, die ihr eigenes Künstlertum denkbar akademisch versteht: als Produktion schöner Bilder, an denen freilich auf den zweiten Blick vor allem die gedankliche Leere atemberaubend ist, die sie verdecken sollen.

2009 Lost Memories (Lee Si-myung, 2002)

Rezension von Ekkehard Knörer

Inszenatorisch regiert der Vorschlaghammer: Großaufnahmen, denen die schamlos Hans Zimmer abkupfernde Musik Pathos leihen soll, aber die Figuren mühen sich über das Reißbrett, von Klischee zu Klischee. Enervierend sind die Stillstellungen inmitten der Kampfszenen, bedeutsame Blicke illustrieren nichts als den Mangel an Geist, der den Film an allen Enden prägt.

Bad Guy (Kim Ki-duk, Korea 2001)

Rezension von Ekkehard Knörer

Die doppelte Demütigung des Beginns - der aufgezwungene Kuss, das Angespuckt-Werden - schürzt den Knoten für alles weitere. Liebe und Hass, Ekel und Zärtlichkeit sind im Verhältnis von Han-ki und Son-hwa ganz unentwirrbar ineinander gemischt. In einer ihrer ersten gemeinsamen Szenen im Bordell streichelt er sie, während sie schläft, sie erwacht und kotzt ihm auf die Schulter.

Take Care of My Cat (Jeong Jae-eun, Korea 2001)

Rezension von Ekkehard Knörer

Dieser Reigen ist ganz typisch für die Subtilität, mit der Jeong Jae-Eun vorgeht. Auf dramatische Ereignisse hat sie weitgehend verzichtet. Umso genauer beobachtet sie die Kleinigkeiten, im Verhältnis der Freundinnen, aber auch im koreanischen Alltag. Das Netz, das die fünf zusammenhält, ist das der Kommunikation über das Handy, das alle immer dabei haben, dessen Klingeltöne für die mittellose Ji-Young auch einmal als Stereoanlagen-Ersatz herhalten müssen. Um die Bedeutung des Handys zu betonen, projiziert die Regisseurin die SMS-Botschaften, die die Freundinnen sich schicken, immer wieder ins Bild hinein, auf Häuserwände, ins Fenster der fahrenden S-Bahn. Nicht nur mit diesem Einfall versieht sie ihren Film mit einem dünnen Firniss der Poesie, ganz unaufdringlich, aber sehr kunstvoll.

Nakta(dul) (Park Ki-yong, Korea 2001)

Rezension von Ekkehard Knörer

"Nakta(dul)" ist das cineastische Hardcore-Programm. Der in schwarz-weiß und mit Digicam gefilmte südkoreanische Spielfilm dauert 90 Minuten, von denen er weite Strecken mit jeweils einer langen Einstellung bestreitet. Die Geschichte, die er erzählt, ist, als Geschichte, aufs Wesentliche reduziert. Ein Mann und eine Frau, beide um die vierzig, haben sich, nach einigen nur sporadischen Begegnungen in der Apotheke der Frau, für einen gemeinsamen Wochenendausflug verabredet. Der Mann holt sie am Bahnhof ab, sie gehen gemeinsam essen. Zwanzig Minuten lang unterhalten sie sich über höchst banale Dinge, ihren Job als Apothekerin, seine Kopfschmerzen, Freunde, das Essen, während die Kamera stoisch und ganz langsam immer wieder hin- und herschwenkt.

Joint Security Area (Park Chan-wook, 2000)

Rezension von Ekkehard Knörer

Regisseur Park Chan-wook erzählt die Geschichte in Rückblenden, die das Unglück und seine Tragik nach und nach aufhellen. Er findet eine überzeugende Balance zwischen dem Kammerspiel der Freundschaft zwischen vier Männern und den aufwendigen Explosionen der Gewalt, unterstützt von den Bildern seines Kameramanns Kim Sung-bok, die oftmals beeindruckend sind, sich aber kaum einmal im bloßen Schauwert verlieren.

The Isle (Korea 2000)

Rezension von Ekkehard Knörer

The IsleStill liegt der See, Nebel steigt auf. Mit der Idylle, mit dem vermeintlichen Jenseits der Zivilisation ist freilich Schluss gleich mit dem Auftauchen der ersten Menschen. Der Horror des Sees ist keiner, der sich vorzeitlichen Monstern verdankt, er ist ein durch und durch psycho-sozialer; was The Isle zeigt ist, den Bildern zum Trotz, kein Landschaftsbild, sondern ein Schlachtfeld des Zwischenmenschlichen.
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Dr. K  (K 1998)

Rezension von Ekkehard Knörer

Der Film mischt Story-Elemente, von denen man vorher nicht gedacht hätte, dass sie so recht zueinander passen. Das kleine Problem dabei: man ist auch hinterher nicht überzeugt. Stilistisch ist das nicht ohne Eleganz, verzichtet auf Splatterelemente ebenso wie auf allzu krude Mystik, beinahe lässt Regisseur Kwak Kyung-Taek die Kamera seine Figuren eher zu geschmackvoll umschmeicheln

Shiri (Korea 1999)

Rezension von Ekkehard Knörer

[Image]Shiri ist ein koreanischer Polit-Action-Thriller im Blockbuster-Format. Hollywood wie Hong Kong stehen Pate und der Film fällt nicht hinter die Vorbilder zurück. In seinem Gefühl fürs rechte Thriller-Timing wie in der Inszenierung der Action-Szenen mit viel Handkamera und dynamisierenden Schwenks ist er handwerklich professionell, Stunts wie Special Effects bewegen sich wie mühelos auf internationalem Niveau.

Gingko Bed (1996)

Rezension von Ekkehard Knörer

Mehrfache Rahmen umschließen die in Zeit und Figuren überkreuzte Geschichte einer unsterblichen Liebe. Ein erster (Bilder-)Rahmen mit Off-Erzähler-Stimme aus der Zukunft der erzählten Story berichtet von ihren Eltern, deren aufs Irdische begrenzte Liebe der Film der Film schildert. Zweiter Rahmen, in animierter Landschaft: Zwei Gingko-Bäume, in einen fährt der Blitz - in der Schließung am Ende wird der gefällte Baum wieder erstehen. Kaum ist man im Film, versteht man, warum es dieser doppelten Schließung bedarf, denn Gingko Bed ist wahrhaft ereignisreich.

Hang San-Soo: La vierge mise a nu par ses prétendants (Korea 1997)

Von Ekkehard Knörer

Vielleicht kann man es spielerischen Realismus nennen, ohne die Anwandlungen auktorialer Grausamkeit, die es bei Rohmer immer wieder gibt. Nur in den Inserts kommt es hier zu auktorialen Gesten. Als Einbruch, der sie dann sind, scheinen sie sich aber selbst schon wieder ironisch fast aufzuheben.

Lee Myung-Se: Nowhere to Hide

Rezension von Steve Erickson

Nowhere to Hide bietet geradezu eine Landkarte der Übergangspunkte zwischen Action-Kino und Avantarde. Der Autor und Regisseur Lee Myung-Se bezieht sich auf naheliegende Quellen wie Dirty Harry und John Woo, während seine postmodernen Bilder das Vokabular des Stumm-, des Zeichentrick- des Avantgardefilms und des Musikclips verarbeiten (der größte Teil der Action ist mit pochender Techno- und Heavy-Metal-Musik unterlegt).

Im Kwon-Taek: Chukje / Festival (Korea 1996)

Kritik von Ekkehard Knörer

Deutlicher noch als in Gilsotteum wird der dokumentarische Gestus in "Chukje", einem Film, der sich zeitlich den Rahmen einer traditionellen koreanischen Begräbniszeremonie gibt. Schritt für Schritt erklärt er, was geschieht, vom Wattebausch unter der Nase der Leiche, der unbewegt den Tod bezeugt, über das Schneiden der Haare und Nägel, das Einwickeln und Umkleiden bis zu den öffentlichen Trauergesängen und Zeremonien unterschiedlicher Art. So einfach jedoch, so einfach dokumentarisch wie es auf den ersten Blick scheint, geht es gar nicht zu.

Im Kwon-Taek: Surrogate Woman (Korea 1987)

Kritik von Ekkehard Knörer

Dem Blick der Kamera auf die bewaldeten Berge zeigt sich die Figuration einer Vagina als symbolisch lesbare Natur. Dies das Tal der Ersatzmütter, abgeschieden, aus der genealogischen Ordnung ausgeschieden. Eine Gemeinschaft der Frauen, die aber fürs Überleben dem Gott der Gesellschaft, der sie nicht - und nur als im Auschluss eingeschlossene: doch - angehören, sich zum Opfer anbieten. So schwankt der Status zwischen Mensch und Tier, die Frau als Homo Sacer, der straffrei gevögelt, aber doch nicht Element irgendeiner symbolischen Ordnung werden darf.

Im Kwon-Taek: Gilsotteum (Korea 1986)

Kritik von Ekkehard Knörer

Unterm Vorspann ein Standbild: Ödnis, ein Gerippe, kein Mensch, kein Leben. Dann, leinwandfüllend, ein Fernsehgerät im Split Screen. Darstellungsform fürs geteilte Korea, ein Fernsehsender sammelt einander lang verlorene Verwandte und strahlt die sich in Tränen auflösende Energie in die koreanischen Wohnzimmer. Die nächste Einstellung, gefroren zum wie stets bei Im Kwon-Taek präzisen Bild der Verhältnisse, zeigt ein solches Wohnzimmer.

Im Kwon-Taek: Who and Why? (Wae Guraetdeonga, Korea 1975)

Kritik von Ekkehard Knörer

Etwas, nein: vieles kommt sich hier in die Quere. Die politische Botschaft vom Widerstandswillen der Koreaner gegen die japanische Besatzung und der durchgehende Rückgriff auf Suspense-Momente. Die gewiss unsubtile, aber oft doch sehr wirkungsvolle Inszenierung, die auf Stilisierung setzt, Fischaugen, schräge Winkel, suggestive Tonspur – dagegen die doch plumpe Direktheit der Darsteller, das Kreuz und Quer von Handlungen, die den Film an keiner Stelle eigentlich zur Ruhe kommen lassen.

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