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Mamoru Oshii: Ghost in the Shell (Japan 1995)

Kritik von Ekkehard Knörer 

Innen-Außen-Differenz, der Geist in der Schale. Der Geist, der sich und sein Körperverhältnis zu befragen beginnt. Als Verkörperung dieser Frage tritt der "Puppetmaster" auf und aus einem Intrigenplot hervor, der nichts zur Sache tut. Ob dieser Master aber Herr ist über die Puppen und ihren Geist, bleibt die Frage. Er ist Verkörperung und genau deshalb, als Prinzip eines Übergangs, niemals ein fester, einziger Körper. Daher die Metaphorphosen der Gestalt, die Verwandlung ins Kind, die fremden Stimmen, das Hineintauchen ins andere, die Verschmelzung. Die Geburten und Wiedergeburten, neue Menschen mit den alten Zweifeln. Wie vom Körper die eine Haut abblättert, um die echt-künstliche Haut erscheinen zu lassen, ein Panzer. Körperbilder: Das Muskelpaket beim Aufstemmen des Panzers, das Baumeln der abgerissenen Glieder, das mechanische Innenleben.

Das Tauchen im Fluss als ein Treibenlassen. Die künstliche Schwerelosigkeit, die Leichtigkeit als Prothese. Das Auftauchen als schizophrene Begegnung mit dem Spiegelselbst, die enttäuschende Rückkehr ins Individuum – das sofort sich, seine Identität, seine Erinnerung zu befragen beginnt. Das andere Ich vergeht in der Wirklichkeit als Schein. Das artifiziell verkörperte Ich, das an sich zweifelt, aus dem die fremde Stimme spricht. Differenz von Schizophrenie und Verschmelzung, die nicht aufgelöst wird. Der exterritoriale Ort: der Fluss. Auch den muss die Heldin hinter sich lassen.

Versöhnung mit dem Wir. Eine andere als eine mystische Lösung ist unmöglich, aber eine Mystik, die nicht den anderen Ort sucht, auch nicht die Transzendenz, sondern das Ich als Wir als Hybrid, Überschreitung des Individuellen, auch des individuellen Geschlechts. Aus dem Mann und der Frau wird das Mädchen. Aufbruch aus dem Rückzugsort der Reserven des Menschlichen (die vielen Bücher an der Wand), Rückkehr in die Stadt, in den "sprawl", der als "Netz" aber nicht desorganisiertes Chaos ist, aber auch nicht das "Reale", in das es keine Rückkehr geben kann, sondern die überindividuelle Unendlichkeit der Möglichkeiten. "The Net is vast and infinite". Keine Christusgeschichte à la Matrix, keine Philosophie der Strickpullover, nicht "The One" als Erlöserfigur, sondern die Selbsterlösung hinein in die Komplexität des Überindividuellen, des Innen-Außen-Hybrids, versöhnt und nicht-versöhnt, kein Dahinter, kein Jenseits und kein Abseits.

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