Ridley Scott und der Sandalenfilm haben das
gemeinsam, dass man eine ganze Weile von beiden nichts Aufregendes zu sehen
bekommen hat. Das hat sich, nun, da sie sich für Gladiator zusammen
getan haben, leider auch nicht wirklich geändert. Scott, der einmal
groß darin war, die Substanz, die in herausragenden Drehbüchern
lag, durch die Brillanz seines Stils zu veredeln, blies die ziemlich schlechten
Bücher, die er zuletzt verfilmte, zu bombastischer Leere auf, schuf
viel zu gelackte Bilder für mediokre Stoffe. Die Idee, ihn nun auf das
für Sandalenfilme nötige Pathos des Edelmuts loszulassen, leuchtet
erst einmal ein - und hätte vielleicht auch aufgehen können. Nur
hätte irgendjemand etwas unternehmen müssen, die Notwendigkeit
zu demonstrieren, das Genre mit viel Getöse zu
reanimieren.
Solche Notwendigkeit müsste gar nichts mit
(politischer, zeitgeistdiagnostischer oder sonstiger) Relevanz zu tun haben,
ein richtig gutes Drehbuch wäre Grund genug. Eines, das raffinierte
Wendungen, maliziöse Dialoge und faszinierende Charaktere zu bieten
hat. Stattdessen bietet Gladiator: vorhersehbare Dramaturgie, banale
bis peinliche Dialoge und einen Helden, dem nicht einmal Russell Crowe
interessante Seiten abgewinnen kann - und wer ihn zuletzt ihn The
Insider gesehen hat, weiß, dass das viel heißen will.
Selbstverständlich versteht Ridley Scott nach wie vor sein Handwerk,
inszeniert Bilder, die beeindrucken könnten, sähe man nicht zu
gut, dass sie genau das wollen und nicht viel mehr. Erhabenheiten werden
angezielt und heraus kommen Bombast und Pathos. Erzählt wird die Geschichte
von Aufstieg und Fall und Rache und Verklärung des Tribuns Maximus,
der gegen den durch Mord am Vater Marc Aurel zu Kaiserwürden gekommenen
Ehrgeizling Commodus kämpft. Genau zwischen beide hat man die Schwester
des Kaisers platziert, die dieser begehrt, die aber Maximus liebt; diesen
wiederum hat man mit einer Truppe starker und edler Gladiatoren umringt,
in der sich neben dem Quotenschwarzen auch der deutsche
Möchtegern-Schwarzenegger Ralf Möller findet.
Die Pflicht ist dem Film misslungen
- auch wenn man es auf den ersten Blick gar nicht sieht, denn am unfreiwillig
Komischen inszeniert Ridley Scott dann doch deutlich vorbei. Unter der nahtlosen
Oberfläche freilich gähnt die Leere sehr schlichter Denkungsart
und auf der Oberfläche sind die Pinselstriche zu dick. Wenigstens die
Kür aber hat in Gladiator ihre Reize: die Kämpfe selbst
in der Arena sind nicht nur virtuos gefilmt, sondern inszenieren den Auftritt
der Gladiatoren als frühen massenmedialen Zusammenhang. An Rom selbst
gibt es über nicht gerade berauschende Computereffekte hinaus keinerlei
Interesse, das Colosseum aber wird auf interessante Weise zum Ort politischer
Repräsentation. Kaiser, Volk (als ambivalente Masse) und Gladiator messen
ihre Kräfte - und Commodus erweist sich als Gefangener der von ihm
entfesselten öffentlichen Meinung, die den Gladiator Maximus auch nach
seiner "Enttarnung" am Leben erhält. Die Kampfstätte ist der Ort
von Performances mit scheinbar unmittelbarer (aber durch die theatrale Anordnung
eben doch medialer) Wirkung, das Spiel auf Leben und Tod wird durch den Auftritt
des Kaisers in der Arena zum Ernstfall, der aber unter dem Einfluss der Effekte
des Spiels steht. Das Colosseum wird zum Kräftefeld, auf dem die
Machtverschiebungen zur ihrer Sichtbarkeit finden - und es steigert sich
am Ende zur Schaubühne als moralischer Anstalt, auf der das Gute noch
im letzten Atemzug den Sieg davonträgt. Natürlich vertraut Scott
auch hier wieder nicht auf die dichte theatrale Wirkung, sondern schickt
seinen Helden auf eine letzte verschmockte Bilderreise ins Land der Toten.
Weniger wäre mehr gewesen.
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