Schwerpunkt Hongkong: Johnnie To: PTU (Hongkong 2003)

.

Jump Cut Filmkritik
__________________
Magazin für Film & Kritik:
Rezensionen und News.

Impressum

 
 

Videos bei Amazon
Videos & DVDs bei Amazon

.

Johnnie To: PTU (Hongkong 2003)

Anzeige

Suchen bei Amazon:

PTU von Johnnie To als Import-DVD bei Adrenafilm

.

Johnnie To: PTU (Hongkong 2003)
Kritik von Ekkehard Knörer

zum Hongkong-Schwerpunkt

Berlinale-Kritik

Johnnie To ist der Tausendsassa unter den Regisseuren Hongkongs. Gemeinsam mit seinem engen Freund und Mitarbeiter Wai Ka-Fei hat er in den neunziger Jahren die Produktionsfirma Milky Way Images gegründet, die seither mit schöner Regelmäßigkeit höchst erfolgreiche Blockbuster hervorbringt, viele davon unter der Regie von Johnnie To und Wai Ka-Fei. Manche dieser Filme - etwa der Hit "Needing You" aus dem Jahr 2000 - sind mit großer Präzision für den breiten Markt gefertigte Kommerzprodukte unterschiedlichster Genres. Daneben aber erlaubt sich To, wann immer es geht, eigenwilligere Filme, mit denen er die festen Regeln des Hongkong-Action-Kinos innovativ umwendet oder gar unterläuft. Sein Meisterwerk "The Mission" (2000) ist einer dieser Filme, eine Studie des Leerlaufs von Action-Helden, nicht ihrer Aktionen.

Mit "PTU", seinem neuesten, im Forum der Berlinale als Weltpremiere gezeigten Film, entfernt sich To weiter denn je von den stilisierten Hongkong-Epen, deren Meister er ist - noch im letzten Jahr war in Berlin sein fulminanter "Fulltime Killer" zu bewundern. Im Zentrum steht die Polizei in Hongkong, PTU ist der Name der uniformierten Streifenbeamten, die stets in größeren Gruppen unterwegs sind. Seinen Ausgang nimmt der Film allerdings in einer mit Sinn für absurde Komik inszenierten Szene in einem Billigimbiss, in der nicht nur einer der Protagonisten - der Zivilpolizist Lo, ein arroganter, fetter Kerl - vorgestellt wird, sondern auch eine Gang von Jugendlichen um den Anführer Ponytail (der allerdings bald einen langen und blutigen Tod findet). In der Platzverteilung an den Tischen werden mit leichter Hand Hierarchien entworfen und es wird, unterbrochen von ständigem Handyklingeln, eine Dynamik in Gang gesetzt, die erst mit dem Ende des Films, viele elegant in die Hongkonger Nacht gemalte Bewegungsstudien später, in einen Showdown mündet, ein Entladung, auf die erst einmal nur Stillstand folgen kann.

Es sind verlorene, gesuchte, zirkulierende Objekte - eine Waffe, Handys -, die den Plot des Films in Gang halten. Lo hat im Kampf mit Ponytails Gang seinen Polizeirevolver verloren, eine Gruppe von PTU-Polizisten, angeführt von einem Freund, hilft ihm bei der Suche. Sind sie bis zum Morgen nicht erfolgreich, ist der Verlust zu melden, Lo kann seine Beförderung vergessen. Das ist der eine Anlass für die Gänge durch die Nacht, denen To hier folgt. Der andere ist, konventioneller noch, die Suche nach dem Mörder Ponytails. Triaden-Bosse kommen ins Spiel, und PTU, Lo und die im Mordfall ermittelnde Polizistin laufen sich bei der Suche nach Spuren, Tätern und Objekten ein ums andere Mal über den Weg. Dies ist der Plot, mehr als Voraussetzung ist er nicht für das, was Johnnie To hier will. Das ist ein Porträt der überaus ambivalent gezeichneten Polizeitruppe zum einen, ein Porträt der nächtlichen Straßen zum anderen. Wie "The Mission" ist "PTU" ein Meisterwerk der Konzentration: auf einen eng umgrenzten Handlungs- und Zeitraum.

Höchst erstaunlich eine mehrere Minuten andauernde Szene, in der die Polizisten sich vorsichtig, Taschenlampe und Waffe im Anschlag, Stockwerk um Stockwerk eines Treppenhauses nach oben bewegen. To macht daraus einen Film für sich, mit Blicken in angespannte Gesichter, kurze Schockmomente. Dramaturgisch bringt diese Szene die Geschichte nicht voran - dasselbe gilt für die meisten Höhepunkte von "PTU". Etwa ein Kind, das auf einem Dreirad durch die Nacht radelt. Stets ist zuerst das leise surrende Geräusch der Bewegung zu hören. Es ist von einer Eindringlichkeit, die nichts mit Bedeutung zu tun hat, sondern beinahe reine Musik ist. Ohne alle Aufdringlichkeit entwickelt die Tonspur nicht nur hier ein Eigenleben: minutenlang wummert dumpfe Musik aus einem nächtlich belebten, nach außen aber ganz verschlossenen Musikpalast. Dieses Ineinander von Haupt- und Nebensachen entfaltet auf die Dauer großen Zauber. Auch die Bilder stehen, zu keinem Zusammenhang genötigt, für sich, als Schritt- und Schnittfolge von Schritten auf Asphalt, immer wieder zeigt To die Polizisten in der Reduktion der Action auf reine Bewegung. Das besitzt Eleganz ohne alle Stilisierung, Johnnie To gelingt das kleine Wunder, der Form, die alltäglich daherkommt, eine seltsame Poesie zu entlocken.

Es fragt sich, wenn man diesen wunderbaren Film sieht, nur eines: Warum läuft er im Forum, warum, zum Teufel, soll das nicht gut genug sein für einen Wettbewerb, in dem sich in diesem Jahr die mediokren Werke um die hinteren Plätze schlagen? Klar, es fehlt der bildungsbürgerliche Kunstanspruch, der die Türen zum Wettbewerb stets mit unerträglicher Leichtigkeit aufstößt. Und klar, einer wie Johnnie To kann sich einen Film nur leisten, indem er im Hauptberuf die Filmindustrie Hongkongs am Laufen hält, mit nicht weniger als sieben Filmen, die er während der mehrjährigen Arbeit an "PTU" gedreht hat. Er erzählt das im kurzen Gespräch nach dem Film, ein so freundlicher wie selbstbewusster Herr mittleren Alters, mit Brille und Bauch. Nichts gegen George Clooney, aber mein Held ist sehr viel eher Johnnie To.

zur Jump Cut Startseite

.

Suche


powered by crawl-it
.

Newsletter

Anmelden zum Jump Cut Newsletter mit wöchentlichen News und Updates

Powered by KBX7

.

Jump Cut Partner

DVDs & Videos
Suchbegriffe:



In Partnerschaft mit Amazon.de

.

Internet Movie Database


Filmtitel Person
Powered by www.IMDb.com