Joe Dante ist so etwas wie der Mr. Hyde zu
dem Dr. Jeckyll, der Steven Spielberg ist. Da Spielberg aber ein so guter
Mensch ist, reicht's auch bei Dante nie so ganz zu wirklicher
Abgründigkeit. SMALL SOLDIERS ist eine Variante des Gremlins- Motivs,
nur daß die Aufspaltung in die Guten und die Bösen hier von
vorneherein feststeht und das zentrale Bedrohungspotential der
willkürlichen Metamorphose des Haustierlichen ins Zerstörerische
damit vereindeutigend wegfällt. Die Spielzeugpar- teien Commando Elite
(vernichtungskriegerische Soldaten) und Gorgonites (bizarre, aber
liebenswürdige Gegner) sind in Carl-Schmittscher Manier in Feindschaft
um der Feindschaft willen aneinandergekettet. Die Gorgonites sind der Feind
und fertig, es bedarf dazu keiner weiteren ideologischen Begründung.
Die interessantere Frage ist allerdings, was mit der
Berufung auf eine einleuchtende Begründung zu rechtfertigen
ist. Darauf hat der Film eine reichlich totalitäre
Antwort. Sehr gegen diese Reinheit der Unterscheidung steht übrigens
das Kampfprinzip beider Parteien, das das grotesker Bricolage
ist - man bedient sich aller Gegenstände, die zu
greifen sind und funktioniert sie um
zu Waffen.
Der Film gibt sich als großangelegte Allegorie
der us-amerikanischen Gegenwart. Schon deshalb plaziert er sich im amerikanischen
Kleinstadt-Heartland, das vom kapitalistischen Globotech-Konzern bedroht
wird, der die gewachsenen Strukturen des Landes, die sich hier auf zwei
Alternativmodelle des Familienlebens allegorisch abbilden, zu zerstören
droht. Gegeneinander stehen, so schematisch wie es klingt, hirn- und sinnlose
Technikbegeisterung, die sich gegen die Natur richtet, einerseits und ein
ökonomisch desaströses Verweigern des Erwachsenwerdens. Beiden
Familienvätern ist die Kontrolle über den Nachwuchs entglitten.
Die Tochter des Tech- nikfreaks zieht es zu den Außenseitern, der Sohn
des Ökoromantikers birgt ein beachtliches Aggressionspotential (und
auf dieser Ebene tritt auch das Gremlins- Motiv wieder auf). Er wird zum
Einfallstor des Kapitalismus, der im blinden Chipverbund mit dem Militär
den beinahe nicht mehr zu bändigenden Krieg ins nach außen hin
so friedliche Kleinstadtleben bringt. Innerhalb der Globotech-Binnen- Handlung
wird farcenhaft, aber hellsichtig der fatale Folgen zeitigende Zusammen-
hang von Realitätsfremdheit des genialen Nerds (der in Spielberg-Filmen
in der Regel besser wegkommt) und Karrieregeilheit des genialen Vermarkters
vorgeführt, die nur noch der Unterstützung des skrupellosen
Kapitalisten bedürfen, um die große Katastrophe
herbeizuführen.
Die große Katastrophe, zu der es kommt,
ist der Kontrollverlust des Menschen über die von ihm geschaffene
Spielzeug-Kreatur, die sich als lernfähig erweist und ihr kriegerisches
Potential perfektioniert. Während also die Commando-Elite für die
gefährliche Seite neuester Technikentwicklungen steht (Computer sind
allgegen- wärtig in dem Film), sind die Gorgonites die
Hoffnungsträger. Zwar sind sie die ge- borenen, d.h. programmierten
Verlierer und auf ihre Weise heillose Nerds, wie auch der Junge, mit dem
sie sich anfreunden (klare E.T.-Reminiszenz, so wie der Film ohnehin
einen ganzen Kometenschweif von Anspielungen hinter sich herzieht, von den
Gremlins über 2001 und Apocalypse Now bis,
meta-historisch korrekt, ganz am Ende Titanic. Nur selten aber haben
diese Anspielungen auch einen funktionalen Mehrwert) - an der entscheidenden
Stelle aber tun sie einen evolutionären Sprung, dessen Bedenklichkeit
der Film systematisch ignoriert.
Als alles aussichtslos erscheint, werfen sie
nämlich ihren aufs Versteckesuchen programmierten Pazifismus über
Bord und werden selbst kriegerisch. Sie ziehen, zur Selbstaufopferung bereit,
in die Schlacht. Von diesem Punkt an kennt der Film keine Bedenken mehr und
schwenkt ganz auf die patriotische Linie etwa von Inde- pendance Day ein.
Angesichts des Feindes gibt es nur mehr Patrioten, die sich zur Neuen
Gemeinschaft zusammenfinden - und da sind nun wirklich alle einbezogen. Es
sind nicht zuletzt die Freaks, die die Welt retten werden. Das ist die Lektion,
die Independance Day ebenso wie Mars Attacks (der aber vielleicht
doch in entlarvender Übertreibung) gelehrt haben. Klingt ja nicht
unsympathisch, erst mal. Dahinter aber steht eine ungemütliche Form
von Versöhnungskitsch, die vor Zwangsvereinnahmung nicht halt macht.
Das Programm all dieser Filme, die die Außenseiter zu feiern scheinen,
lautet in Wahrheit: Es darf keine Außenseiter mehr geben, alle
gehören zur Familie.
Im Umkehrschluß heißt das aber:
wer sich weigert dazuzugehören, ist der wahre Feind und wird gnadenlos
ausgemerzt. |