So manche Filme aus Asien haben es hierzulande schwer. Zu wenig
kommerziell für grosse Multiplex-Kinos, doch der ausgewählten
Ernsthaftigkeit deutscher Programmkinos nicht adäquat, passen sie nicht
so recht in irgendeine Schublade und finden daher keinen Verleih.
Ein solcher Fall ist The Ring", ein Film aus Japan, der dem
Horrorfilmgenre angehört und doch in Ästhetik und Filmvokabular
mit seinen amerikanischen Genrekollegen nicht allzu viel gemein hat.
Der Film basiert auf einer in Japan äusserst populären
Romanserie von Koji Suzuki und ist dabei nur eine von zahlreichen Verfilmungen.
Der bis anhin völlig unbekannte Regisseur Hideo Nakata, der zuvor mit
Ghost Actress" nur einen Film gedreht hatte, will sich in Zukunft
mehrheitlich ausserhalb des Horrorgenres betätigen (hat dies bzw. mit
zwei darauf folgenden Spielfilmen bereits getan, über die jedoch bisher
ausserhalb Japans nicht viel zu erfahren ist).
Unter Jugendlichen kursiert das Gerücht, es existiere ein
mysteriöses Videoband, nach dessen Ansehen das Telefon klingele und
damit dem ahnungslosen Opfer seinen Tod nach dem Ablauf von einer Woche
ankündige. Eine TV-Journalistin und alleinerziehende Mutter wird in
einen Strudel von Verhängnissen gerissen, als ihre Nichte einen
rätselhaften Tod stirbt. Gemeinsam mit ihrem Ex-Mann macht sie sich
auf, den Urheber des Spuks ausfindig zu machen, mit dem Ziel den gemeinsamen
Sohn zu retten.
Wie bei den meisten Filmen seiner Gattung ist hier das was, also der
Plot, weniger wichtig als das wie, der Einsatz filmischer Mittel. Aber was
scheinbar wie ein japanischer Scream-Verschnitt beginnt, entwickelt sich
anders. Es wird vermieden, die ausgetrampelten Pfade amerikanischer Horror-
und Splatterfilme zu beschreiten.
Statt auf Effekthascherei und Gewaltorgien setzt The Ring" auf
Atmosphäre und baut langsam aber effektiv eine drückende Spannung
und allgegenwärtige Bedrohung auf. Regisseur Nakata versteht es meisterhaft,
mit den instinktiven Urängsten seiner Zuschauer zu spielen. Der Imagination
der Zuschauer wird viel Raum gelassen, denn was könnte beängstigender
sein, als was man nicht weiss, wo alles möglich ist und die ganze
Vorstellungskraft zum Zuge kommt ?
Mit den einfachsten Mitteln schafft es der Film, Schauer über
den Rücken zu jagen, so etwa durch die blosse grobkörnige Aufnahme
des Gesichts einer lächelnden Frau auf einer Fernsehmattscheibe. Aufnahmen
bei Tag wirken ebenso sinister wie die nachts. Verstärkend wirken die
Landschaftsaufnahmen, Meereswellen geraten zu einem Abbild der bedrohlichen
Seite der Natur.
Eine primäre Rolle kommt dem gekonnt eingesetzten, von Kenji
Kawai komponierten Soundtrack zu. Geräusche und Musik sind untrennbar
miteinander verschmolzen. Das Summen und Rauschen elektronischer Geräte
etwa fügen sich zu sphärischen Klängen zusammen, die gelegentlich
an atonale 12-Tonmusik erinnern.
The Ring" schöpft neben westlichen Vorbildern aus dem Fundus
traditioneller japanischer Schauergeschichten und erhält dadurch eine
mythische Qualität.
The Ring" ist kürzlich in Grossbritannien als Pal-DVD
erschienen. Da Dreamworks sich die Rechte für ein Remake gesichert hat,
bietet sich also die Gelegenheit, das Original anzusehen, bevor der Stoff
durch Hollywood rezykliert wird.
Neben weiteren Extras befindet sich auf der DVD auch jene abstruse,
surreal anmutende Videosequenz, die gemäss Hinweis des Distributors
nur auf eigene Gefahr anzuschauen ist. |