Robert Kolker: Allein im Licht

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Daten zum Buch

New Hollywood

Robert Kolker
Allein im Licht
Aus dem Amerikanischen v. Bodo Fründt u. Rolf Thissen
Geb., 637 Seiten, mit Abb.
Diana Verlag, 2001

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Robert Kolker: Allein im Licht
Kritik von Dagmar Hotze

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In den vergangenen Jahren hat der Diana Verlag den Freunden des Films die kalte Jahreszeit durch die fulminanten Bildbände von Francois Truffaut Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? und von Cameron Crowe Hat es Spaß gemacht, Mr. Wilder? erträglich gemacht und so mancher hat sich damit selbst einen Weihnachtswunsch erfüllt. Nun gelingt es ihnen wieder; dieses Mal mit dem üppigen Allein im Licht, das den Untertitel Penn - Stone - Kubrick - Scorsese - Spielberg - Altman trägt. Die erste Auflage erschien bereits 1980 in den USA unter dem Titel A Cinema of Loneliness und ist, überarbeitet und um einige Kapitel erweitert, zum zweiten Mal 1987 dort publiziert worden und, nochmals aktualisiert um die letzten 14 Jahre, hierzulande endlich verfügbar. Dem Kino des New Hollywood ist dieses Buch gewidmet, einer Ära, der im deutschsprachigen Raum noch keine besondere literarische Auseinandersetzung zuteil wurde. Der Literatur- und Kommunikationswissenschaftler Robert Kolker, der zuvor Bücher über Wim Wenders, Bernardo Bertolucci und filmtheoretische Abhandlungen veröffentlichte und regelmäßig für das Magazin New York Metro schreibt, holt dieses Versäumnis jetzt nach.

In fünf Kapitel untersucht und analysiert er ausführlich „das Beste, was der amerikanische Film in den sechziger und siebziger Jahren zu bieten hatte“ und geht den Hauptfragen des Filmemachens auf den Grund - „Wie und warum konstruieren Filmemacher ihre Arbeiten in der Art und Weise, in der sie es tun? Wie und warum reagiert ein Zuschauer auf sie?“. Beginnend mit den beiden „historischsten“ Regisseuren des amerikanischen Kinos, ist die „Körper-Montage und „Geschichts-Inszenierung“ von Arthur Penn und Oliver Stone sein erster Ansatzpunkt. Er stellt beide Regisseure und ihre Arbeiten vor, setzt sie in Kontext zueinander und impliziert die amerikanische Politik der vergangenen vierzig Jahre in seine Analysen. Kolker zeigt, dass Stone oft Anleihen bei Eisenstein und Welles sucht, mittels deren Montagestruktur er die gegenwärtigen amerikanischen Geschichte zu erfassen und in einen filmischen Diskurs zu bringen versucht. Sehr schön gelingt die Analyse der Präsidenten-Filme JFK und Nixon, in denen fiktionales und dokumentarisches Material miteinander verschmelzen und, so bei JFK, durch das Hinzufügen von Attributen des Spionage- und Agententhrillers eine paranoide, intensive Stimmung erzeugt wird. Die andere Seite der Medaille zeigt uns der ausgesprochene Filmkenner bei Martin Scorsese, - in dem Kapitel „Die Sprache der Straße“ - dessen Filme einen großstädtischen Mikrokosmos präsentieren, in dem die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe die Wahrnehmung und das Bewusstsein jeder einzelnen Figur bestimmt.

Als einer der ersten Filmemacher lernte Scorsese sein Handwerk nicht direkt in den Studios, sondern durch das Studium der Filmwissenschaften an der New York University, an der er auch heute noch sporadisch unterrichtet. Das ambivalente Verhältnis, als Unabhängiger trotzdem zum Mainstream zu gehören, und von Hollywood akzeptiert zu werden und umgekehrt, das Hollywood-Kino anzuerkennen und von ihm zu profitieren, hinterlässt in Scorseses Arbeiten deutliche Spuren. Systematisch erarbeitet Kolker Scorseses Welt der Gangster, Ganoven und Außenseiter und stellt uns Robert DeNiro als Alter Ego des italo-amerikanischen Filmemachers vor. Leider bleiben spätere Filme wie Kundun, Last Temptation und Age of Innocence , in der ansonsten kongenialen Erkundung, etwas außer acht und hinken in ihrer Erarbeitung hinterher. „Die Unermesslichkeit der Ängste und Obsessionen männlicher Charaktere“ spielen bei Stanley Kubrick eine tragende Rolle, und „die Auswirkungen ihrer Unterdrückung und Verdrängung auf alles und jeden, mit dem sie Kontakt haben“. Kolker begreift Kubricks Filme als „Teil der kulturellen Erinnerung, die vergangene und zukünftige Geschichte der Kultur artikulieren“ und verzichtet auf eine abschließende Betrachtung, da die Filme, des 1999 unerwartet verstorbenen Regisseurs, „permanent hinterfragt werden sollten“. In „Dinosauriern und Schiffen“ richtet der Literaturwissenschaftler sein Augenmerk auf Steven Spielberg und dessen Vorreiterrolle bei der Einführung von digitalen Techniken in die Filmproduktion. Spielbergs Arbeiten „lassen das zentrale Problem der illusionären Form in den Vordergrund treten, der Macht des amerikanischen Kinos, sich selbst als keine Fragen stellender Hort des Glaubens und der Zustimmung zu etablieren“. Die ideologische Struktur seiner Filme untersucht er vor dem Hintergrund des politischen, kulturellen und ökonomischen Wandels in den USA während der vergangenen 25 Jahre und formuliert einige höchst interessante Thesen, die hoffentlich von anderen Filmhistorikern und -theoretikern aufgegriffen und erörtert werden. Zu guter Letzt wendet sich der Autor dem filmischen Raum und der erzählerischen Struktur der Filme von Robert Altman zu, dem Regisseur, der von allen hier vorgestellten am längsten „in business“ ist. Um Altmans umfangreichen Werks überhaupt Herr zu werden, unterteilt er dessen Karriere, auf fast 200 Seiten, in drei Phasen. Zentrale Anknüpfungspunkte bilden die Frauenfiguren und die Freude am filmischen Experimentieren, einer Leidenschaft, der nur wenige amerikanische Regisseure nachgeben.

Nach vielen Stunden der anregenden Lektüre des wortgewaltigen Buches, welches man, gezwungen durch die überwältigende Fülle der Informationen, immer wieder aus der Hand legen muss, bleibt man noch lange gefangen von seiner sprachlichen Klarheit und brillanten Analyse. Das Filmemachen als industrieller Vorgang oder wirtschaftliches Unterfangen findet bei Robert Kolker keinerlei Anerkennung. Vielmehr begreift er das Kino als Ort der Imagination, in dem die Leidenschaft und Energie der Regisseure und aller Beteiligten stecken. Er nimmt seine Leser mit auf eine Reise durch die Höhen und Niederungen des amerikanischen Kinos und zeigt ihnen, welchen Einfluss gesellschaftliche Veränderungen und politische Strömungen auf den Inhalt der Filme nehmen können und wie sich dadurch auch ihre formale Erscheinung modifizieren kann. Für alle Cineasten und Filmfans, die das Verborgene in den Filmen entdecken möchten, ist das Buch ein absolutes Muss!

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