Kein Genre der Filmgeschichte wird so oft gescholten oder
belächelt und erfährt bei vielen Kritikern kategorische Ablehnung
wie der Horror-Film. In die Welt der Vampire, Mumien, Tiermenschen, Wahnsinnigen
und Verrückten traut sich selten jemand der Créme de la Créme
der Filmkritik oder -theorie hinein. Den Darstellern der dunklen, seltsamen
Gestalten ergeht es nicht besser. Der ausgezeichnete Kenner des Genres und
seiner Figuren, Robert Zion, hilft einem der ganz Großen des Genres
nun ans Tageslicht zu gelangen: Vincent Price; der es als kultivierte
Gentleman wie kein anderer verstand, die dunkle Seite der menschlichen
Psyche auf der Leinwand sichtbar zu machen.
Zuerst widmet sich Zion der Biographie und skizziert kurz und
prägnant, dass die spätere Karriere des Fabrikantensohns nicht
vorgezeichnet ist. Eigentlich soll er die Keks- und Süßwarenfabrik
seines Vaters übernehmen, doch schon während des Studiums der
Kunstgeschichte und einer ausgedehnten Europareise, zeigt er sich als
begeisterter Theater-, Kino- und Kunstliebhaber. Seine ersten Erfahrungen
sammelt Price auf den Brettern, die die Welt bedeuten, wendet sich jedoch
sehr schnell dem Film zu und geht nach Hollywood. Hier beginnt Zion mit dem
zweiten Teil, in dem er chronologisch die Filme des Mimen bespricht. Die
Anfänge in der Stadt des Films sind gekennzeichnet von häufigen
Studiowechseln, wobei hier bereits seine Vorliebe und Eignung für
dunkle Charaktere sichtbar werden. Der 1953 entstandene House
of Wax (Das Kabinett des Professor Bond, Regie: André de Toth),
in dem er die Rolle des, durch ein Feuer verunstalteten, Prof. Henry Jarrod
spielt, macht ihn mit einem Schlag berühmt. Nachfolgend stellt Zion
die weiteren Filme inhaltlich vor, ordnet sie in die Karriere des Schauspielers
ein, gibt ihnen einen Stellenwert und zeigt ihre Besonderheiten. Er weiß
Anekdoten zu berichten, Hintergründe zur Produktion und lässt Kollegen
und Kritiker zu Wort kommen. Das Kapitel Castlemania und der König
des Schock-Films ist gleichzeitig eine Hommage an den großartigen
Regisseur und Produzenten William Castle, dessen Zusammenarbeit mit Vincent
Price als eine Litanei des Terrors in die Annalen der Filmgeschichte
eingegangen sind. Die Gruselstücke House on Hauted Hill (Das
Haus auf dem Geisterhügel, 1958) und The Tingler (Schrei, wenn
der Tingler kommt, 1959) sind Meisterwerke des atmosphärisch, subtilen
Horror-Films und von dem Autor liebevoll bedacht. Die Poe-Verfilmungen, die
Roger Corman mit dem Meister des sanften Grauens dreht, sind
längst Legende. Fasziniert zeigt sich Zion von zahlreichen Details der
Pre- und Postproduction der Filme, sei es die Dekoration des Sets, die Maske
oder die Kostüme der Darsteller, die er auf den Leser zu übertragen
versteht. Mit dem Aufkommen der Splatter- und Gorefilme sinkt der Stern Vincent
Prices, so dass Theatre of Blood (Theater des Grauens, 1975) seinen
Abschied markiert. Das Blutige nur um des Blutigen willen ist seine Sache
nicht. Fortan widmet er sich dem Sammeln von Kunst und tritt nur noch vereinzelt
in Filmen auf. Erst 1990 holt in Tim Burton für seinen Film Edward
Scissorhands (Edward mit den Scherenhänden) ins große Kino
zurück.
Mit diesem wunderschön bebilderten Buch ist eine Verbeugung vor
einem Mann gelungen, dessen darstellerische Bandbreite von der
Verkörperung eines bedrohlichen, eiskalten, inhuman wirkenden menschlichen
Monsters bis zu einem liebenswert verschmitzt makabren Helden reicht.
Der weder computeranimierte Special-Effects benötigte noch millionenteure
Simulations-Katastrophen, sondern einzig durch seinen schwarzen Humor, sein
diabolisches Lächeln und seine schneidend klare Stimme, kurz, seine
Leinwandpräsenz überzeugte.
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