David Bordwell: Visual Style in Cinema . Vier Kapitel Filmgeschichte

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David Bordwell: Visual Style in Cinema. Verlag der Autoren. DM 33.99
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David Bordwell: Visual Style in Cinema
Vier Kapitel Filmgeschichte

Kritik von Ekkehard Knörer

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David Bordwell ist ein in den USA und den englischsprachigen Ländern einflussreicher Filmwissenschaftler - in Deutschland dagegen wird er bisher wenig rezipiert. Sein Zugang zum Film ist mit allen Richtungen allseits gängiger Theorie, etwa nach wie vor epidemisch verbreiteter Psychoanalyse, kaum ins Gespräch zu bringen, daher vielleicht seine Unbekanntheit hierzulande. Der Verlag der Autoren hat sich nun entschlossen, etwas dagegen zu unternehmen und nicht etwa einen vorliegenden Band einfach übersetzt, sondern aus einer von Bordwell in München 1999 gehaltenen Vorlesungsreihe (am kunstwissenschaftlichen Institut!) ein eigenständiges Buch gemacht, an dem die Methode des Wissenschaftlers glänzend kenntlich wird.

Bordwell ist Formalist, falls man eine Schublade sucht, und das heißt: ihn interessiert, wie Filme gemacht sind, nicht was sie bedeuten, bedeuten könnten oder wie sie ideologisch lesbar wären. Ihn interessiert die Grammatik der Filmsprache: Schnitt/Montage, Mise-en-scène, Einsatz der Kamera und dies alles im Verhältnis zueinander. Dieser Zugang ist einerseits, geradezu strukturalistisch, ahistorisch, insofern sich die heraus gearbeiteten Möglichkeiten zu wenigen, streng genommen: nur zwei, Paradigmen verdichten: von der von Bordwell so genannten Präzisionsinzenierung, die mit dem Dreieck räumlicher Tiefe, das die Kamera öffnet, inszenatorisch arbeitet. Eine Variation dieses Paradigmas ergibt sich durch das In-Bewegung-Setzen der Kamera, einer Bewegung in Richtung Choreografie von Personen/Gegenständen und Kamerabewegung selbst. Das Gegenparadigma ist das der Montage mit ihren Untervarianten flüssiger Découpage, der Auflösung in eine Vielzahl von Einstellungen mit master shots und Halbnahen/Close-Ups von Ausschnitten, und der konstruktiven Montage.

Der Clou von Bordwells Streifzug durch die Filmgeschichte  (der durch unzählige Stills in dem Band eindrucksvoll begleitet wird) ist, dass er diese Paradigmen historisch entwickelt, dass er aufzeigen kann, wann und wie sie entstanden sind, welche Moden und Renaissancen sie durchmachen, wie sie variiert werden etc. Für jede der Epochen, die er in seiner Vorlesungsreihe behandelt - Stummfilm, früher Tonfilm, Fünfziger Jahre (mit fast ausschließlich japanischen Beispielen), Neunziger Jahre (wobei er die Lücke kursorisch füllt) - gibt es durch die formalistische Lektüre faszinierende Einsichten: Bordwell versteht es, dem Blick aufs Einzelbild, auf jeden einzelnen Schnitt, jede Bewegung von Kamera oder Figur, die innewohnende Logik abzulesen, bzw., wie am Beispiel von Michael Bays The Rock, gerade das Fehlen einer solchen. Präzise kann er so inszenatorische Meisterschaft benennen. Mit großer Begeisterung demonstriert er originelle Lösungen und Auflösungen. Sein eigener Standpunkt ist dabei recht vorurteilsfrei: so sehr er die Präzisonseinstellung aus dem Halbdunkel der filmgeschichtlichen Geringschätzung retten will und so sehr er längere Einstellungen den seit den siebziger Jahren in Mode gekommenen rasanten Schnitten vorzieht: stets kommt es ihm vor allem darauf an, zu zeigen, wie ein Film/ein Regisseur/eine Sequenz funktioniert.

Mit großer Konsequenz verzichtet Bordwell auf Hermeneutik, Ideologiekritik, Auseinandersetzung mit Figurenpsychologie, Narratologie: also alles, was man als Inhalt dem Formalen gegenüberstellen kann (einzig ganz am Ende der Vorlesungen wird man mit seiner Auffassung überrascht, dass er alle Kitano-Figuren für Halbwüchsige hält). Ja, er verzichtet sogar darauf, aus seinen formalen Einsichten - über Blicksteuerung, Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit etc. - irgendwelche generellen oder auch spezifischen Schlüsse zu ziehen. Sein Ansatz ist deutlich begrenzt und soll es auch sein. Was immer man aber sonst noch über Filme sagen wollen kann: sich durch Bordwell den Blick fürs Detail schärfen zu lassen, kann in gar keinem Fall schaden.

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