6/9/2004

Berliner Zeitung Kinotag

Kinotag bei der Berliner Zeitung. Auch wenn sich Jens Balzer mit seiner Besprechung zu Punisher, dem scheinbar kontroversesten Film der letzten Wochen, nur geringfügig mit Ruhm bekleckert, wurde der Text in den Feuilleton (und nicht in den Kulturkalender) gepackt. Kritik Marke "schnell fein rausreden": Der Film sei entweder langweilig oder doof, auf jeden Fall sei ihm aber mit Empörung zu begegnen, ein wenig Westentaschenpsychologie, dann noch ein wenig Geunke, dass "dies dann doch nicht der beste Film zum neuen Amerika, zu George W. Bush, Guantanamo Bay und Abu Ghoreib" geworden sei, das läge "nicht an seiner Cleverness, sondern ausschließlich an seinem Dilettantismus". Fertig ist die sichere Karte, auf der sich hinter klugen Worten nur wenig Substanzielles versteckt hält. Andererseits ist von Jens Balzer, der schon auf der Berlinale mit beängstigender Regelmäßigkeit Ärgerliches und Borniertes unters Volk brachte, wohl kaum mehr zu erwarten.

An Höllentour, einer Dokumentation über die Tour de France, gefielen Christian Schwager vor allem die "seltenen Innenansichten, Einblicke, die dem Fernsehzuschauer bisher verwehrt blieben". Weniger gut sei, dass der Film das Thema Doping nur verschämt am Rande kurz beleuchte.

Michael Kohler stellt mit Human Nature (unsere Kritik) kurz und knapp die erste Zusammenarbeit von Michel Gondry und everyone's darling Charlie Kaufman vor, die nun, mit dreijähriger Verspätung, kurz nach der zweiten gemeinsamen Arbeit, dem ganz und gar wundervollen Eternal Sunshine of the Spotless Mind (der elende deutsche Titel wird hier übergangen, dafür hier und dort Kritiken), ins Kino kommt. Ob's ihm gefallen hat, lässt sich kaum sagen. Ich vermute mal: Irgendwie schon.

Mission Possible: Diese Kids sind nicht zu fassen dient Anke Westphal zum Anlass, die marginalisierte Lage des klassischen Kinder- und Jugendfilms, der nichts anderes sein will und nicht auf ein Zielgruppen-Altersfranchise setzt, kurz zu skizzieren. Dies wiederum dient ihr zum Sprungbrett, um sich zur Anwältin für den vorliegenden Film aufzuschwingen, der eine Aufmerksamkeitsverdrängung innerhalb der Sparte durch Filme wie Shrek 2, Catwoman oder Spider-Man 2 nicht verdient habe (dass die Filme noch gar nicht angelaufen sind und wohl allenfalls der erstgenannte eine wirkliche Konkurrenz auf dem Markt darstellt, scheint offenbar nicht von Bedeutung). Besonders gut hat ihr der Verzicht auf ein "heulendes Pathos der Krisendarstellung" gefallen, sowie die darstellerischen Leistung "der jungen Hauptdarstellerin Kristen Stewart".

Weiteres: Carmen Böker war fleißig und hat eine gelungene Inhaltsangabe zu The Station Agent verfasst. Anke Westphal erinnert "aus gegebenem Anlass" an die DVD des DDR-Märchenfilms Saxana - Das Mädchen auf dem Besenstiel, in dem bereits im Jahr 1971 ein (diesmal weiblicher) Zauberazubi eine Filmlänge lang bei Laune halten sollte. Diese Erinnerung hat natürlich mit dem Erfolg von Harry Potter zu tun und dass mit dessen Publikumserfolg "ohnehin unanständig wohlhabende Leute nun noch mehr Geld verdienen". Die empfohlene DVD stammt von Universal Familiy Entertainment, einem klitzekleinen Fisch im Raubfischbecken also, der solcherlei Robin-Hood-Unterstützung gut brauchen kann. Cronenbergs Spider wurde bereits gestern besprochen.

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