Erst mal springen einem die offensichtlichen Zitate ins Gesicht:
der Film im Film, der zunächst ohne Markierung als eigentlicher Film
eingeführt wird, ist fast schon Parodie von Hitchcocks Psycho
- und der Originaltitel stößt jedermann auf den Bezug zu Antonioni.
Mehr als Anlass fürs Eigene aber scheinen die Zitate nicht. Und das
Eigene scheint im Generischen aufzugehen, dem Thriller als Liebesgeschichte
mit einem Tonband-Mac-Guffin. Wie immer bei De Palma gewinnt aber das, was
von Drehbuch-Rechts wegen im Zentrum des Geschehens nichts verloren hat,
eigenes Gewicht: die Tonspur, auf der die Kamera mit dem Willen zur Obsession
noch dann verweilt, als sie schon gelöscht ist. In einer
Mehrfach-Selbstumrundung schwenkt sie durch das verwüstete Tonstudio
und fängt doch keinen Sinn mehr ein, addiert auch keinen weiteren Sinn
durch die Bewegung, die zirkulär ist, wie nur eine, es gibt hier nur
nutzlos gewordene Technik und John Travolta.
Blow Out geht auf, wohin man seinen ersten Blick auch wirft.
Zynisch im Schließen des Rahmens, der als Summe der blutigen Ereignisse
einen Schrei produziert, nichts weiter und so das Leben in den Film im Film
wieder einspielt. Endlich passt der Ton zum Bild. Auch der Krimi-Plot um
die Ermordung eines möglichen Präsidentschaftskandidaten endet
mit der säuberlichen Verschnürung der losen Enden: was warum geschah
wird klar. Es bleibt kein Rauschen auf der Tonspur, kein blinder Fleck im
Bild. Die Zeichen trügen so wenig wie der Schein, Bild und Ton finden
im rekonstruierten Film, auf dem, in dem der Unfall zu sehen wie zu hören
ist, zueinander.
Und doch gleitet bei näherem Hinsehen alles ineinander, verschieben
sich Einzelteile des Plots im Bild, bis man manches doppelt zu sehen beginnt.
Mit Fotos, die Trug sind, verdient Sally ihr Geld. Ein erster Blick - im
Wasser, als wäre es ein Fixierbad - bindet den Helden an sie, die immer
fort will und nie fort kommt, der er hinterher ist bis zum Ende (und nichts
lässt einen diese Obsession verstehen). Sally löst sich auf, als
wäre alles nur ein Spiel, ein Traum aus Schall und Rauch, in einen Ton,
mehr nicht. Auch: ins B-Movie, das "Blow Out" ist, am Anfang, und am Ende
wieder wird, nachdem die Bewegung der Versatzstücke (Serienmord und
Verschwörung, Zeugenschaft und Whodunit) an ihr Ende gelangt ist. Und
er, als würde hier eine Konkurrenz von Ton und Bild zum blutigen Ende
getrieben, ist ihr nah und doch nicht nah genug. (Auch hierin die Verdopplung
eines Traumas: der akustische Kontakt, der den Tod bringt - oder wenigstens
nicht verhindern kann.) Und der wasserdichte Beweis ist am Ende nichts mehr
wert, die Zeichen, die eben noch Sinn ergaben, inflationieren zum Soundeffekt.
Vielleicht kann man Ähnliches über den Film sagen, der, wie bei
De Palma stets, zwischen Sinn und Effekt schlingert -
und zwar so, dass das eine das andere so affiziert, dass man
nicht mehr weiß, wo der - grob gesagt: hermeneutische - Sinn
aufhört und der "bloße" Effekt anfängt, der sich der
nach Schlüssigkeiten suchenden Interpretation entzieht. Und, eine
Schleife weiter: gerade diese Entzüge, zwischen Trash und
außerordentlicher sophistication, sind es, vielleicht, die an De Palma
immer wieder faszinieren.
Es scheint unmöglich, in "Blow Out" eine einheitliche Logik zu
entdecken, die eine und nur eine Ordnung der Bilder, der Gefühle, der
Töne sichtbar werden ließe. Künstlich - soll heißen:
in der fast unmerklichen Auflösung des illusionistischen Raums - stellt
De Palmas Kamera solche Ordnungen her, wenn sie von oben Blicke wirft in
Räume, denen so die Decken weggedacht werden. Die Personen wie die
Gegenstände gruppieren sich zu einer Art Stillleben oder Tableau Vivant,
nur um sich darauf wieder in Zeichen in Bewegung aufzulösen. Bewegung
der Flucht zum einen, der Wiederholung zum anderen: und am Ende ist beides
dasselbe, aus dem Wieder und Wieder der Bilder und der Töne scheint
es in "Blow Out" kein Entkommen zu geben.
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