Was für eine grandiose Exposition: ein leerer Boxring,
weiß, die Zuschauer kaum erkennbar, ist das erste Bild des Films. Eine
tabula rasa des Erzählens, die sich füllt, eines Erzählens,
das mit einem Ich, das spricht, sogleich das Bild, die Bilder, kommentieren
wird (das hält sich durch, bis zum Ende). Es folgt, zum und als Vorspann,
ein Boxkampf, beinahe nicht dramatisiert, es wird der letzte sein, den der
Held, Michel Maudet, der zum Boxen nicht taugt, kämpft. Nicht jedoch
der letzte Zweikampf, denn die Geschichte eines Zweikampfs ist es, die "Die
Millionen eines Gehetzten" erzählt, eines Zweikampfs, der zugleich ein
Kampf um Anerkennung ist, sich zu einer Art Vater-Sohn-Beziehung entwickelt,
in die auf komplexe Weise Gier und Liebe, der Wunsch zu demütigen und
der Wunsch zu schützen hineinspielt.
Sie bewegen sich aufeinander zu: Michel Maudet, der einen neuen Job
braucht und Lina, seine Freundin, dafür aufgibt und Dieudonné
Ferchaux, der bankrotte Bankier, der in die USA flieht, auf der Suche nach
dem Geld, das er dort deponiert hat. Eine Zeitungsanzeige führt die
beiden zusammen, den einen als Sekretär des anderen, gemeinsam fliegen
sie nach New York, danach auf die Straße durchs weite Land, ein road
movie, das irgendwann zum Stillstand kommt. Zuvor aber ein Umweg über
Hoboken, den New Yorker Vorort, Maudet hat ihn sich ausbedungen, ein Blick
auf das Haus seines großen Helden, des Selfmademanns, der er selbst
werden möchte: Frank Sinatra. Unterwegs dann spielen sie Katz und Maus
miteinander, Maudet will Ferchaux aus der Reserve locken, dessen Menschenkenntnis
auf die Probe stellen. Es kommt zu Machtkämpfen, durch eine junge Anhalterin
erweitert zum Dreieck. Der Frieden der Bilder, Landschaften en passant, ein
Halt an einem Fluss, in dem sie baden, während die Kamera sich ein ganz
unabhängiges Bild macht von der Situation. Dazu die Musik, harmonisch,
einen Einklang vortäuschend mit der Natur, aber auch mit den Städten,
zu denen sie in Motivanklängen das Klischee liefert.
Die Fahrt kommt in der Nähe von New Orleans an ihr Ende, nicht
das Gegeneinander von Innen- und Außenräumen. Im Inneren bewegen
sich die Figuren vor klaren, popartbunten Farbflächen, eingefangen werden
sie in künstlichen Arrangements, symmetrisiert durch Lampen,
Blumensträuße, die zwischen sie platziert werden. Die
Farbkompositionen beharren vom ersten Bild an auf der Verweigerung jeden
Realismus, die Welt der Figuren ist eine Melvillewelt. Außen streift
der Blick, aus dem Autofenster, entlang der Natur, die so nicht mit Weite
verknüpft ist, sondern mit dieser Bewegung. Aber auch die Stadtlandschaften,
beispielhaft New Orleans, scheinen etwas wie Freiheit zu versprechen, die
Kamera, im Auto, das Auto als Kamera, bewegen sich ganz analog. Es ist ein
Film dieser doppelten Bewegung: eine, die keine Grenzen zu kennen scheint,
die Landschaft in der Distanz als Freiheitsversprechen inszeniert, in den
Innenräumen aber immer wieder (hier expemplarisch: der Boxring) Menschen
konfrontiert, menschliche Beziehungen, zu denen die zugrundeliegende These
zu lauten scheint: es ist ihnen nicht zu entkommen. Oder: Nur in ihnen, in
der Aushandlung der Anerkennung, lässt sich das finden, was Michel Maudet
sucht, "Erlösung" vielleicht, kein großer Begriff jedenfalls scheint
zu hoch gegriffen.
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