Es beginnt mit einem Blick zurück. Ein gottverlassener Fleck
in der Wüste, ein blühender Kaktus, die Stimme eines Erzählers
erklärt ihn zur Meatpher für Pearl, deren Spur sich an dieser Stelle
verliert. Das Epos, als das Duell in der Sonne gedacht ist, erzählt
vom Leben Pearls, den Spuren, die sie hinterlassen hat und beginnt damit,
dass sie auf denkbar blutige Art verwaist: Ihr Vater tötet ihre Mutter,
die Indianerin, die rockschwingend durch eine Bar tanzte und den nächsten
besten Mann aufs Zimmer geschleppt hat. Es fährt Pearls Vater, an sich
ein besonnener Mann, rächend dazwischen, tötet seine Frau und ihren
Liebhaber, wir beobachten es, mit Pearls Augen, aus der Ferne als
Scherenschnittdrama hinter Fensterscheiben. Ein letzter Besuch Pearls bei
ihrem Vater in der Todeszelle folgt.
Pearl bekommt eine neue Familie - und zur Ersatz-Mutter die ehemalige
Geliebte des Vaters. Im Arrangement der neuen Familie ist alles fürs
Melodram bereit: ein tyrannischer Vater, feindliche Brüder, die um
die sinnliche Pearl konkurrieren. Jesse, der Jurist, der sie zivilisieren,
zur Frau erziehen will und Lewt (sprechende Namen: nichts darf
hier nur einmal gesagt sein), der nichts als Sex im Sinn hat und
für den Rest des Films haben wird. Pearl, das Naturkind, hat Lewts
Drängen nichts als die dümmsten Dialogzeilen in diesem an dummen
Dialogzeilen nicht armen Film entgegen zu setzen und das bisschen eigenen
Willen und Verstand. Lange reicht das nicht - und Jesse, der sich gerade
auf die Seite von Recht und Gesetz und damit gegen den Vater gestellt hat,
platzt ins postkoitale Szenario, nimmt schweren Herzens Abschied von Pearl
und vom Zivilisierungsunternehmen, verschwindet, des Hofes verwiesen, nach
Austin und wird dort eine hoch kultivierte Frau kennen lernen.
Jennifer Jones müht sich unterdessen verzweifelt, verzweifelt
zu scheinen, rauft sich das wild gelockte Haar und verliert sich im weiteren
ein ums andere Mal an die rasende Lust, die Lewt in ihr weckt. An
melodramatischen Szenen herrscht folglich kein Mangel: Pearl, die sich an
Lewts Beine klammert, das hörige und heulende Elend. Lewt, der den Mann,
den Pearl ausfluchtshalber heiraten will, erschießt. Und, schlussendlich,
das Duell in der Sonne, Hass und Liebe, Flinten und Küsse, Penthesilea
in der Wüste und nicht ohne unfreiwillige Komik.
Auch sonst ist die unfreiwillige Komik dem Betrachter ein ständiger
Begleiter. Verblüffend allerdings, dass damit längst nicht alles
über den Film gesagt ist. Pathos, Kitsch und Melodram besitzen eine
Grandiosität, die über bloßen Camp immer wieder hinaus
drängt - die Leidenschaften, die die Figuren schütteln, bleiben
rasend unplausibel, nichts als ständige Behauptung. Direkte Anteilnahme
verbietet sich, es sind nicht Empathie und Mitleid, die in den Betrachter
kathartisch hineinfahren. Aber etwas fährt - durch den unsäglichen
Sexismus, den womöglich noch unsäglicheren Rassismus hindurch -
eben doch in ihn hinein. Affiziert werden wir, ungläubig aufgerissenen
Auges, von dem schieren Willen (klipp und klar lässt sich in diesem
Fall wohl sagen: David O. Selznicks), uns am Innersten zu packen. Was uns
erreicht ist dann aber, ironischer Weise, eher das Äußerste: an
getriebenem Aufwand, an gestischer Anstrengung Jennifer Jones, die über
Darstellung weit hinaus geht. An ihrem Spiel kippt Expressivität in
Camp und doch kippen in diesem Kippen auch wir: hingerissen wider Willen
und wider allen Kunstverstand von der Maßlosigkeit, mit der hier mitten
im Abgrund des Unsäglichen dem Lächerlichen immer wieder getrotzt
wird.
Seltsame Dialektik dieses Film: das - trotz King Vidors ersichtlichem
Können, von diesem noch einmal interessant konterkarierten - so sagenhaft
Misslungene, die Kluft zwischen Anspruch und Realität, die
Unmöglichkeit auch, über das Misslungene hinwegzusehen, machen
gerade den Reiz des Films aus, der eine der sehenswertesten ästhetischen
Katastrophen der Filmgeschichte ist. Und eines in jedem Fall: ein Film wie
kein anderer.
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