Gedacht war Geheimnisse einer Seele als Illustration der
Psychoanalyse, als Lehrfilm hatte ihn Hans Neumann, Leiter der
Ufa-Kulturabteilung und Drehbuch-Koautor geplant. Mit an Bord holte man sich
als Fachberater die Psychoanalytiker Karl Abraham und Hanns Sachs, Freud
war verschnupft, traute dem Kino eine halbwegs ordentliche Veranschaulichung
seiner Theorie nicht zu. Auf dem psychoanalytischen Kongress von 1925 diskutierte
man den Film, rundum glücklich war die ohnehin schon in die verschiedensten
Gruppierungen zerfallene versammelte psychologische Avantgarde auch nicht.
Interessanter als die psychoanalytische Regelrichtigkeit (in die die
Zensur noch einmal mit Verbot allzu expliziter Sexualsymbolik oder -darstellung
hineinschnitt) ist die Frage nach der Umsetzung des Psychoanalytischen ins
Filmische. Der Fall - nach wahren, von Freud geschilderten Tatsachen
übrigens - ist eher einfach: Ein Ehemann, der Chemiker Martin Fellmann,
ist eifersüchtig auf den zunächst noch in Indien weilenden, als
Foto aber präsenten Vetter seiner Frau - manifest wird diese Eifersucht
im Moment, in dem er seiner Frau mit dem Rasiermesser eine Locke aus dem
Nacken rasieren will. Im Nachbarhaus stirbt unterdessen jemand. Der Ehemann
träumt, und zwar, muss man sagen, nach allen Regeln der psychoanalytischen
Kunst: der Vetter sitzt mit Tropenhelm im Baum, er fliegt durch die Lüfte,
besteigt einen phallischen Turm, findet sich wieder als Voyeur in einer
Bordellszene im türkischen Bad. Er sticht ein auf seine imaginierte
Ehefrau, während seine Laborassistentin (er ist Chemiker) dazu
lacht.
Martin Fellmann ist alsbald auch im wirklichen Leben befallen von
einer Messerphobie: der Anblick treibt ihn zur Mordlust; er muss sich sogar
das Fleisch am Mittagstisch schneiden lassen. Pabst lässt Lichtreflexe
die Klinge eines langen Messer entlangstreichen. Der Vetter kehrt aus Indien
zurück, der erste Empfang ist herzlich, aber man sieht, wie dem Ehemann
die Eifersucht im Gemüt sitzt. Er separiert sich, die Ehefrau und der
Vetter machen sich Sorgen. In der Kneipe vergisst er eines Abends seinen
Schlüssel, das ist symbolisch, denn ein Psychoanalytiker trägt
ihn ihm hinterher und gibt ihn, in Großaufnahme, zurück. Das ist
der Wendepunkt, der Ehemann legt sich fortan regelmäßig auf die
Couch und im Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten der Träume und
Kindheitstraumata gelingt es, die Messerphobie, auch die Eifersucht zu kurieren.
Im Happy End geht's gemeinsam ins Naturidyll, die Frau hat das erträumte
Kind auf dem Arm.
Pabsts Umsetzung dieses einfachen Falles ist beeindruckend: gerade
in der Verbindung von im Stil der Neuen Sachlichkeit gehaltenen Alltagsszenen
und somnambul-expressionistischen Traumsequenzen gelingt es ihm, die groben
Klischees dieser Fallgeschichte zum Ganzen eines Spielfilms zu verknüpfen.
Die Tricks sind fabelhaft, die gefundenen Traum-Bilder sehr eindrücklich.
Die Inszenierung ist elegant und intelligent, das Können Pabsts liegt
in der Montage, die auf Symbolik gerade verzichtet und die Symbole so zur
Geschichte verflüssigt und plausibilisiert. Ganz erstaunlich am Ende
des Films: der Einsatz eines Handkamera-Effekts, wenn der Ehemann die
Anhöhe zur Frau als Mutter mit Kind hinaufstürmt.
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