Für die ersten Jahre der Heldin braucht es noch einen
Erzählerkommentar: erst krabbelt sie, dann lässt sie sich ins Kino
ausführen und dann ist sie erwachsen genug. Dazwischen, eingeschmuggelt
in die im Zeitraffer Biografie liefernde Diegese, die Credits, die auf Schultoren
und Autos auftauchen, mit Raffinesse vor die Kamera geschwenkt werden. Danach
hat es sich dann mit dem Kommentar aus dem Off, der insistiert: immer schon
wusste Joan Webster, wohin sie will. Nach dem Auftakt also nimmt sie ihr
Schicksal selbst in die Hand. Der erste, der's erfährt, ist ihr Vater.
Sie wird heiraten, einen steinreichen Mann - und zwar auf den fernen Hebriden,
auf der kleinen schottischen Insel Kiloran, deren Herr er ist. Gesagt, getan
... beinahe. Denn erst einmal muss sie dorthin. Der Plan ist ausgearbeitet,
Reisestation für Reisestation, sie steigt in den Zug, sie steigt aus
dem Zug, wird abgeholt, jedoch am letzten Schritt scheitert sie, die Fähre
ist weg und am nächsten Tag ist das Wetter so schlecht, dass die
Überfahrt unmöglich ist.
Für Abwechslung aber ist gesorgt. Sie trifft auf einen älteren
Mann, der seines zur Jagd abgerichteten Adlers verlustig gegangen ist - und
auf einen nicht so alten, so gut aussehend wie, soweit es seine schottische
Wesensart zulässt, charmant. Per Funk ist der Ehemann in spe einmal
erreichbar, näher aber liegt Torquil McNeil, der eigentliche, wenngleich
enteignete Herr der Insel Kiloran, als der sich etwas später der Mann
im Schottenrock entpuppt. Eine Woche nur ist er auf Heimaturlaub von der
Front (recht weit im Hintergrund und doch gelegentlich bewusst in die abgelegene
Provinz platziert tobt der Zweite Weltkrieg), will auf die Insel seiner
Vorväter, auch ihn hindert das Wetter. Für ihn ist's keine
Tragödie, denn mehr als seine Heimat interessiert ihn die Frau, die
der Mann, der ihm die Insel genommen hat, kaum hat er sie entdeckt, auch
nehmen will. Er versteht es gut, per Gesang und Tanz und gesuchter Nähe,
sich immer wieder, sozusagen, vor den ausgeguckten Ehemann zu stellen. Joan
unterdessen, deren Lebensplan ernsthaft gefährdet ist, will todesmutig
über die stürmische See, das Schicksal besiegen, das so offenkundig
anderes mit ihr vorhat.
Wäre dies alles, es wäre kein Film der Archers, wie Pressburger
und Powell sich als Regieteam nannten. "I Know Where I'm Going" ist stattdessen
voll mit teils bizarren Scherzen, technischen Tricks - und der wilden
Hebridenlandschaft, die mehr als nur Kulisse ist (die Ironie dabei: Roger
Livesey, die männliche Hauptfigur, hat aufgrund einer Theaterverpflichtung
keinen Fuß auf schottischen Boden gesetzt: mit Doubles und Special
Effects allein hat man die Illusion kreiert). Die wohl skurrilste Idee ist
eine Doppelbelichtung/Überblendung, die einen Zylinder und den Schornstein
einer Dampflok in eins setzt, so dass zunächst aus ersterem der Rauch
aufzusteigen scheint. Die ganze Zugfahrt aber ist voll ähnlicher Scherze,
so rast der Zug - im Traum der Heldin - durch eine Modell-Landschaft, deren
Berge mit Schottentextil bekleidet sind. Mehr Ernst kehrt ein, als das -
im Grunde aber als Komödie gespielte - Liebesdrama beginnt. Vielleicht
sollte man eher sagen: so recht zu scheiden sind die ernsten, die heiteren
und die skurrilen Seiten der Geschichte nicht. Der ins Spiel gebrachte finstere
Fluch, der auf einer Burg liegt, scheint zunächst weit mehr als eine
Farce - und erweist sich zuletzt als wunderbar vieldeutiges, fürs Finale
gerade recht kommendes Motiv.
Keinen Moment fällt der Film ins Sentiment. Und nie entflattert
sein Sinn in reinen Scherz. Anrührend ein Fest mit Tanz und Gesang zur
diamantenen Hochzeit eines alten Dieners. Bös satirisch das Porträt
der besseren Gesellschaft. Wild dramatisch die beinah tödlich endende
Überfahrt bei rauher See. Und in den Jubel des Happy Ends mischen sich
hoch komisch drei Dudelsackpfeifer beinahe aus dem Nichts. Eins nur kann
man mit Sicherheit sagen: Ein Film wie kein anderer.
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