Bimal Roy: Madhumati  (Indien 1958)

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Bimal Roy: Madhumati  (Indien 1958)
Kritik von Ekkehard Knörer

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Hauptwerk indischer Romantik, nach einem Drehbuch des nachmalig von der Kritik gefeierten parallel-cinema-Regisseurs Ritwik Ghatak. Bimal Roy aber, der hier Regie führt, hat Bollywood im Sinn und malt Leidenschaft, Natur, comic relief und Gespenster mit Schwung auf die ganz große Leinwand. Ein Geist, wie ein Geist, von Beginn an Madhumati, die Frau, die mit der Singstimme der Natur zu rufen scheint, von Nebeln umflossen, von Wassern umrauscht, von Bäumen umwogt. Draußen jedenfalls, in einem Draußen, in das sie Anand ruft, singend, lockend, auftauchend, verschwindend, im Wald, im Wasser, im Nebel.

Gerufen wird auch, wie ohne Absicht, die Erinnerung, zu Beginn. Unwetter, eine blockierte Straße, ein einsames Schloss, Spinnweben, alle Signale des Gespensterfilms werden versammelt. Eine Zeichnung weckt die Vergangenheit, Davendra erinnert sich, Anand gewesen zu sein, einst, in diesem Schloss, vor langer Zeit und natürlich folgt die Kamera, folgt die Erzählung dieser Erinnerung als wäre es ein Ruf der Natur. Davendra, Anand war, im unbestimmten Einst, der Verwalter des Schlosses, dessen Herr, Ugrunararain, auf dem Bild porträtiert ist, ein Tyrann, der Schurke des Films. Er kommt erst ins Spiel, als die Liebe, die zu zerstören er bestimmt ist, entflammt ist. Eine Liebe, die auch Annäherung zwischen den Welten ist, zwischen dem Schloss und der Natur, denn Madhu lebt mit ihrem Vater in einer Hütte im Nirgendwo und in Feindschaft mit Ugrunarain.

Eine Liebe, von deren Unzerstörbarkeit der Film träumt, in den gemeinsamen Gesangsszenen Anands und Madhus zuerst. Und nach der Trennung, als Madhu ein letzes Mal auftritt, ihren Mörder zu überführen, als Geist, aber als unvergänglicher. Genauer gesagt: Als Geist, der wieder Wirklichkeit wird, im nächsten Leben, das die Rahmenerzählung bereithält. Denn Davendra war, bevor er ins Schloss geriet, auf dem Weg zu seiner Frau, die - nach der Anamnese, die die Binnenerzählung ist, verwundert es nicht - keine andere ist als die wieder erstandene Madhu, Mutter nun von Davendras Sohn.

In selbst für indische Verhältnisse erstaunlicher Weise kommt hier zusammen, was nicht zusammenzugehören scheint. Die Beschwörung der Natur zwischen wie halluzinierten Gestalten. Der Künstlerroman, denn Anand ist ein großer Porträtist - und seine Bilder sind nicht zuletzt selbst schon geisterhafte Dopplungen der geliebten Madhu (später freilich: Bannung des teuflischen Ugrunarain). Die Liebe, die das Schicksal überwindet. Handfester Humor und, wenn sich das denken lässt, handfester Gespensterglaube. Mit bewegter Kamera und dem Kitsch unerschrocken ins Auge blickenden, ihn so in verblüffender Manier konterkarierenden Bildern, unterstützt von Salil Chowdhurys betörendem Score macht Bimal Roy daraus ein Meisterwerk des Gefühlskinos. Muss man gesehen haben.

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