Alfred Hitchcock: Saboteur  (1942)

.

Jump Cut Filmkritik
__________________
Magazin für Film & Kritik:
Rezensionen und News.

Impressum

 
 


.

Alfred Hitchcock: Saboteur  (1942)

USA 1942

Regie: Alfred Hitchcock

Mit: Robert Cummings, Priscilla Lane

Schwesterseiten

Auteur.de - Lexikon der Regisseure
Comix-Corner - die Comic-Website
Crime-Corner - die Krimi-Website
Literatur-Corner - die Seite für Literaturkritik
SciFi-Corner - die Science-Fiction- Website

Theater-Corner - die Theater-Seite
.

Archiv

Filmkritik
Filmbuchkritik
Filmklassiker
Alle alten Kritiken in der Übersicht
.

Interaktiv

Forum
Diskutieren Sie über Filme und/oder unsere Kritiken!

Mail
Was immer Ihnen an uns passt oder nicht passt.

.

Alfred Hitchcock: Saboteur  (1942)
Kritik von Ekkehard Knörer

[Image]

Zur Klassiker-Startseite

Eine Spur wird gelegt, ehe noch die Untat geschieht. Dann fliegt, durch Nazihand, eine Flugzeugfabrik in die Luft, der beste Freund des Helden kommt durch ihn, der so zum Mittel des Täters wird, ums Leben. Der Tat wird er darum selbst verdächtig, muss fliehen aus einer Hitchcockwelt, in der a priori die Schuldvermutung gilt. Zu erweisen ist die Unschuld, nicht auf dem Wege des Rechts, denn die Polizei ist wie stets beinahe allgegenwärtiger Agent des Verdachts, sondern auf dem der Erlösung durch die blonde Frau. Der Erlösungsweg führt von Los Angeles nach New York, als Roadmovie, das freilich nur das Interesse am offenen Raum hat, ihn als sich ständig wieder bedrohlich schließenden Verfolgungsraum zu inszenieren. Innenräume dagegen öffnen sich auf Momente der Freiheit, beinahe utopische Augenblicke zwischenmenschlichen Zutrauens unter an den Rand der Gesellschaft Gestoßenen (freilich gilt es, zur Rettung, später das Zentrum zurückzuerobern): ein alter, blinder Mann, in dessen Hütte Barry Kane durchnässt und aufgewühlt landet, ist die Güte selbst. Das Stigma - die Handschellen (ganz wie in Leo Perutz' Roman "Zwischen Neun und Neun") - sieht er nicht und sieht sie doch, er durchschaut die Täuschung als das, was sie ist: das notwendig Falsche im falsch gewordenen Leben. Später gerät Kane an einen Zirkuswagen voller Freaks, körperlich Deformierte, die sich in einer knappen demokratischen Abstimmung entscheiden, ihn zu retten und somit als Ihresgleichen anzuerkennen - für den Moment (und tatsächlich ist er noch immer deformiert, mit den Handschellen an den Händen).

Die Frau, Patricia Martin, tritt in sein Leben als Tochter des alten Herrn. Als Mitglied der Gesellschaft, das sie ist (und er nicht), steht sie zunächst auf der anderen Seite, will ihn ausliefern an die Verfolgungsbehörden. Als zugehörig zur Paranoiawelt wurde sie zuvor schon vorgestellt, als Fotomodell, dessen Bild auf riesigen Plakaten am Straßenrand prangt. Ein Vexierbild: sie verfolgt Kane von Anfang an, wie Kane immer schon auf dem Weg zu ihr ist, zugleich sind die Werbezeilen ironischer Kommentar der Situation (von "Wir kriegen Dich" bis zum Versprechen einer Beerdigung, die keine Wünsche offen lässt). Zur Mitte des Films, gerade hat Kane Patricia Martin von seiner Unschuld überzeugt, wechselt er, zum Schein, den sie nicht durchschaut (sie geht hier ihren eigenen, steinigen Weg vom Unglauben zum Glauben an den Mann, dem sie von Beginn an versprochen ist), auf die andere Seite, unterwandert die Organisation der Nazi-Agenten, die nun die Jungfernfahrt eines riesigen Dampfers per Attentat in Brooklyn verhindern wollen. In New York zeigt sich neu der Doppelcharakter des Raums in diesem Film, in Szenarien des Eingeschlossenseins zum einen, im Schlussbild aber zum anderen, der Abrechnung auf der Freiheitsstatue: der Konflikt kommt hier verdichtet zum Austrag, im Offenen, das durchaus für eine Offenheit der Gesellschaft steht, als Kampf Mann gegen Mann, in dessen Verlauf sich eine Nähe der Kontrahenten herstellt als (unmögliche, im Entgleiten als unmöglich herausgestellte) Utopie der Versöhnung noch mit dem Feind. Propaganda, gewitzt bis zum äußersten, ist der Film nur für die Wiederherstellung des Heils im Inneren der amerikanischen Gesellschaft. So sind die Nazis des Films keineswegs Deutsche, sondern hoch angesehene Bürger der USA. Die Feindbilder überlagern sich, denn Barry Kane ist die längste Zeit doppelt bedroht: durch die Polizei wie durch die Agenten, auf deren Seite er - und sei's zum Schein - wechseln muss, um die Verhältnisse zuletzt zu klären.

In einem überaus vertrackten und doch ganz typischen Raumentwurf (in gewisser Weise das exakte Gegenbild zur Szene des Flugzeugangriffs in "Der unsichtbare Dritte") stellt Hitchcock die Zusammenhänge nach. Im feudalen Bürgerpalast in New York, der dem weiblichen Oberhaupt der Verschwörung gehört, findet ein Ball der besten Gesellschaft statt. Aus einem geschlossenen Raum fliehen Kane und Martin ins scheinbar Offene, das jedoch sogleich von Posten an den Türen abgeriegelt wird. Sie versuchen verzweifelt, sich den Gästen zu offenbaren, die Wahrheit mittels kommunikativer Vernunft an die wohlmeinenden Bürger zu bringen. Allein, es glaubt ihnen keiner, die offene Gesellschaft erweist sich als Gefängnis, dessen Geschlossenheit freilich hinterrücks wieder einen (momentanen) Binnenraum verzweifelter Privatheit eröffnet: die beiden gestehen sich endgültig ihre Liebe und küssen sich. Zur Auflösung des Raums (etwa ins Chaos, das die Flucht ermöglicht), die in anderen Filmen Hitchcocks gelingt, kommt es nicht, die beiden werden danach in weniger paradoxe Räumlichkeiten separiert - aus denen sie dann durch Raffinesse fliehen können. Mehr als alles andere ist "Saboteur" also eine Meditation über die amerikanische Gesellschaft anhand von sozial konnotierten Raumstrukturen, denen der Plot wenn nicht unter-, dann eingeordnet wird. Hinzu kommen die oftmals brillanten Dialoge, an denen die Drehbuchkoautorin Dorothy Parker gewiss keinen geringen Anteil hat.

zur Jump Cut Startseite

.

Suche


powered by crawl-it
.

Newsletter

Anmelden zum Jump Cut Newsletter mit wöchentlichen News und Updates

Powered by KBX7

.

Jump Cut Partner

DVDs & Videos
Suchbegriffe:



In Partnerschaft mit Amazon.de

.
.

Internet Movie Database


Filmtitel Person
Powered by www.IMDb.com