Der "Held" des Films trägt in der ersten Schrifttafel
Anführungszeichen am Leibe. Dass er Viktor heißt, trifft die Sache
mit Ironie. Um seine wohl verdiente Niederlage nämlich geht es. Zu Beginn
ist er Tyrann, scheucht seine Frau und seine Tochter durch die Wohnung, die
kochen, putzen, waschen, sind ihm stets zu Diensten. Er aber schimpft und
blickt finster vor sich hin. Seit er seinen Job verloren hat, geht's ihm
schlecht. Er verlässt das Haus in seinen frisch gestärkten Sachen,
aber nur in Richtung Kneipe um die Ecke. Der Rest der Kleinfamilie zittert
vor seiner Rückkehr. Die Pantoffeln müssen vorgewärmt sein.
Das Essen fertig. Das Wasser heiß. Ida, seine Frau, die Heldin ohne
Anführungszeichen, ist am Anfang schon am Ende, beinahe, zu Hilfe kommen
zwei ältere Damen.
Ihre Mutter, aber Mads vor allem, die einstige Amme Viktors. Auch
an ihr vergreift er sich im Ton. Mit Idas Mutter berät sie, was zu tun
ist. Ida wird ins Exil geschafft, Viktor aus den Augen, der nun sehen muss,
wie er zurechtkommt. Ein Mann (beinah) allein im Angesicht eines
Kleinfamilienhaushalts, die Wäsche, deren Anblick er nicht ertragen
kann, hängt quer durchs Zimmer. Erst ist Viktor renitent, bald aber,
ein zwei Anpfiffe durch Mads später, ein Häufchen Elend, das die
Wäsche raufträgt, Geschirr spült und nach Ida winselt. Auch
ein Moment von Eifersucht bringt Mads geschickt ins Spiel. "Ihr Männer
seid alle gleich. Arrogant. Egoistisch. Und dumm" resümiert das alte
Kindermädchen und stellt Viktor in die Ecke, wo er sich schämt.
Sein Widerstand ist gebrochen, er knickt weg unterm Sturm der matriarchalen
Muttermacht und schlüpft aus dem Kokon als grundvernünftiger,
freundlicher Ehemann. Jetzt bekommt er, nach ein wenig
Bühnentürgeklapper, seine Ida wieder. Und einen Job: als wär
die Wiedereinrichtung der privaten kleinfamilialen Ordnung Grund und Basis
für den Erfolg in der Welt.
Eine simple, ohne jeden Kompromiss an ihr logisches Ende erzählte
Geschichte. Der Sturz des Tyrannen mit weiblichen Mitteln, eine bürgerliche
Tragödie im Komödienformat, ein blitzsauberer Diskurs über
Geschlechterordnungen. Die Gewalt, die regulierend eingreift in die aus dem
Gleichgewicht geratene Kleinfamilie ist die der Mütter. Sie löschen
das Gesetz des Vaters aus, indem sie exemplarisch vorführen: an dieser
Stelle sitzt eine aufgeblasene Null. Die Null erfährt's am eigenen Leibe,
dass sie nichts ist als phallische Behauptung. Ein Lehrstück. Dreyer
konzentriert es - weitestgehend - auf die Wohnung, auf deren engem Raum sich
die Ordnung sehr anschaulich machen lässt. Eine Ordnung der Bewegungen
- das Huschen und Eilen der Ehefrau -, das behäbige Sich-Niederlassen
des Mannes. Und eine Ordnung der Blicke: das Regime der Amme stabilisiert
sich in den Großaufnahmen ihres zu strenger Miene geformten Gesichts,
wenngleich eine Ohrfeige von Zeit zu Zeit auch nicht schaden kann. Wie Viktors
Maske zerbricht: auch das eine Sache von Close Ups. Brillante Darsteller.
Und eine eminente Liebe für die Details. Der Blick der Kamera ist von
Beginn an auf Seiten Idas: keiner der, nach Väter Sitte, über den
kleinen Dingen steht, die Mühe machen. Sondern einer, der insistiert
auf Handgriffen und Waschgängen. Die Sorge um den Vogel: Detail und
Symbol zugleich. Ganz Symbol am Ende: die Uhr schlägt wieder im
Takt.
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