Orson Welles: The Stranger (USA 1946)

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Orson Welles: The Stranger (USA 1946)
Kritik von Ekkehard Knörer

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Die Signatur gibt's zu Beginn. Es zeichnet, in langen Schatten und mit in die Tiefen des Bildes stilisiertem Blick der Auteur, das Filmgenie Orson Welles und überlässt dann den Film seinem Schicksal. Der wurde, als einziges von Welles' Werken, ein kommerzieller Erfolg. Spektakulär ist die Geschichte des Nazis Franz Kindler (Orson Welles) und seines Jägers (Edward G. Robinson) und atmosphärisch dicht in schroff gesetztem Hell und Dunkel  - Sie dürfen mich film noir nennen - ist die Umsetzung. Mehr vielleicht nicht. Welles saugt sich fest an Welles, dem sanften Dämon, an der Kleinstadt Harper, in die er geflüchtet ist, an der Ehefrau, die an ihn glaubt, fast bis zuletzt. Konzentration auf wenige Schauplätze und Figuren, die Typen sind. Der Laden, dessen Besitzer obsessiv Dame spielt, mit dem Jäger wie dem Gejagten - und man könnte darüber nachdenken, warum es Dame ist, nicht Schach. Wo es doch darum geht, einen König in die Enge zu treiben. Einen König der Finsternis, den Welles mit einem Understatement spielt, das nicht anders denn übertrieben zu nennen ist. Wie in der Miene, die einer nicht verzieht, das Pathos liegen kann. Man könnte, wenn man wollte, sagen, dass die Anlage der Geschichte nach Schach strebt und Dame bleibt.

Verstörend und womöglich das einzig Verstörende, wie hier mit den Bildern des Entsetzens Thriller getrieben wird. Eine Filmvorführung im letzten Drittel: Aufnahmen aus KZs. Sie sollen das Unbewusste der zunächst ahnungslosen Ehefrau anregen, denn sie, so dreht es das Buch, ist der Schlüssel zur Überführung. Jedoch lässt sich der Film nicht die Zeit, die er bräuchte, dieses Unbewusste zu erkunden. Er hat nicht die Geduld, die Tiefen und Untiefen der Verstrickungen auszuloten. Und überhaupt liegt nicht im Plot, mit dem Hitchcock gewiss manches, Aufregenderes anzufangen gewusst hätte, Welles' Interesse; auch nicht in den dramatischen Zuspitzungen, die es gibt, nicht in der Faszination des Bösen. Am meisten interessiert ihn offenkundig die Uhr. Eine Kirchturmuhr mit Männleinlaufen. Die Männlein aber haben ein Schwert in der Hand, das sie für die Schlussszene brauchen werden. Immer wieder schneidet Welles auf die Uhr, den Kirchturm, auf die Zeit, die abläuft, die Zeit Kindlers, der in die Ecke gedrängt wird, in der er sich, im drohenden Anschnitt der Kamera, fast von Beginn an befindet. Welles verstellt seine Handschrift nicht, aber er ist bemüht, leserlich zu schreiben. Für Hollywood. File Under: Nebenwerk.

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