Aufschub: Ein Schachspiel der Kontrahenten. Sie streichelt den
Läufer. Die Kamera bestreicht die Gesichter mit einer Großaufnahme.
Und noch größer. Es folgen Küsse im Gegenlicht, Lippe an
Lippe. Das Schachspiel schiebt auf, den Sex, den wir dann nicht zu sehen
bekommen. Er verschwimmt im entschärften Blick auf buntes Farbenspiel.
Darin liegt das, was der Film für seinen Stil hält. Und darin liegt
sein Stil: Im eher überflüssigen als kitzelnden Aufschub, in der
Überdeutlichkeit, im Verschwommenen, in der Entschärfung, in einer
als Lässigkeit notdürftig camouflierten Unentschlossenheit.
Von anderem Kaliber, zunächst, die Splitscreen- Arrangements
von Pablo Ferro. Sie bringen das Konzept des ersten Überfalls aufs
schlüssige Bild. Das Telefon, das als Kontaktform im Film den Splitscreen
als grammatische Figur hervorgebracht hat. Das Getrennte wird
zusammengefügt und der Balken zwischen den Bildern spricht von der Trennung
ebenso wie von der Kraft des Kinos, die verschiedenen Orte zur (fiktional)
selben Zeit zu zeigen. Norman Jewison und Pablo Ferro erweitern die Figur
über ihre grammatische Logik hinaus zum Puzzle, verteilen die Einzelbilder
über die ganze Leinwand, geben ihnen einen eigenen Rhythmus, trennen
und fügen, bis die Unterordnung unter die Narration nur noch Schein
ist. Der zweite Auftritt des Splitscreen, etwa zur Mitte des Films, steht
dann vollends unterm Signum der Verselbständigung. Ein Polospiel,
aufgebrochen in verzigfachte Bildchen, die von nichts mehr erzählen
als einer eigenen Form, einer Figur, die nicht mehr grammatisch ist, sondern
reine Rhetorik. Manier, die Narration stillstellt nach eigenem, sich selbst
gegebenem Gesetz. Die dritte Sequenz dann ist reines Zitat (als ob es das
gäbe) der ersten, Wiederholung mit Variation. Gelber Rauch steigt auf
statt roter. Und natürlich ist derselbe Zug niemals derselbe Zug: das
Spiel ist beinahe zuende, die Falle ist gestellt.
Die Aufgabe, an der "The Thomas Crown Affair" scheitert, ist die
glaubwürdige Überführung des Heist-Movies in eine als
Katz-und-Maus-Spiel entworfene Liebesgeschichte. Aufschübe, die wenig
zu bedeuten haben, treffen auf widerstreitende Loyalitäten, aus denen
wenig folgt. So ist schon mit der Anlage der Figuren der Weg zur emotionalen
Zuspitzung verbaut. Es ist, als bliebe ihnen selbst herzlich egal, wie sie
zueinander stehen. Die Verletzlichkeit, die sie bräuchten, ist ihnen
nicht gestattet. Vom hohen Ross, auf das das Buch Thomas Crown gesetzt hat,
bekommt es ihn nicht mehr hinunter. Zugleich bleibt die Amoral, mit der sie
imprägniert sind, stumpf und Faye Dunaways Tränen am Schluss sind
nach beiden Seiten, der Lässigkeit, die sie hier verlieren, dem Schmerz,
den sie hier spüren soll, ein emotionales non sequitur. Das angedeutete
Lächeln Steve McQueens ist so leer wie seine Anzüge scheußlich
sind (und Dunaways Kostüme nicht minder). Und die Leere als Antrieb
desjenigen, der alles schon hat und nichts zu gewinnen, wird an keiner Stelle
reflexiv oder gar kritisch. Die Leidenschaft erschöpft sich in Buggyfahrten
am Strand, nur dass man den Eindruck bekommt, es geht dem Film hier um die
Leidenschaft, nicht um die Erschöpfung. Die Dialoge schreien nach dem
brillanten Autor, den sie nicht haben und Norman Jewison hat alle Hände
voll zu tun, die Ungereimtheiten des Plots mit dem, was er für Stil
hält, zu übertünchen. So gibt er ein Versprechen nach dem
anderen: und keines, von Pablo Ferros Splitscreen-Künsten abgesehen,
kann er halten.
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