Lydda, nahe Tel Aviv gelegen, ist eine Stadt mit einer langen
Geschichte. Lod ist der Name der biblischen Überlieferung und mit der
zufälligen Entdeckung einer fünftausend Jahre alten Stadt unter
dem Boden der neuen und archäologischen Ausgrabungen an Ort und Stelle
beginnt Tsipi Reibenbachs Dokumentation, die zugleich die Rückkehr in
die Stadt ist, in der die Regisseurin, 1947 geborene Tochter von
Holocaust-Überlebenden, von frühester Kindheit bis in die späten
siebziger Jahre gelebt hat. Mehr als symptomatisch aber das Schicksal der
bedeutenden historischen Fundstätte: Es gibt kein Geld, die freigelegten
Überreste der Siedlung aus ägyptischer Zeit werden wieder
zugeschüttet. Als Reibenbach einige Monate später wiederkommt,
ist der Ort zur Müllhalde verkommen.
Im Grunde aber gilt das für die ganze Stadt, die sie nach 25
Jahren nicht mehr wiedererkennt. Lydda ist einer der größten
Drogenumschlagsplätze Israels geworden, das zivile Leben ist angesichts
der im Verhältnis von 2:1 in Israelis und Araber geteilten, miteinander
verfeindeten Bevölkerung fast völlig zum Erliegen gekommen. Mehrfach
wurde Reibenbach während des Drehs beschimpft, gar mit Steinwürfen
attackiert, kaum einer der Bewohner wagte sich offen vor ihre Kamera. So
bleibt Reibenbach vor allem das eine: mit der Kamera Zeugnis abzulegen vom
Niedergang einer Stadt. Kontrapunktiert wird die Trostlosigkeit durch die
Erinnerung Reibenbachs an eine bessere Zeit: sie erinnert sich ans Kino,
das nun nur noch eine verfallene Ruine ist. Sie erzählt vom Bahnhof
als Sehnsuchtsort, einst fuhren die Züge von hier bis nach Kairo. Heute:
anonyme Gleise, ein Bahnbediensteter eilt herbei und verbietet die
Filmaufnahmen.
Man kann über die Machart des Films nicht durchgehend glücklich
sein. Nicht ohne Eitelkeit setzt Reibenbach sich immer wieder selbst ins
Bild, untermalt das Elend der Bilder gerne mit reichlich deplazierten
Verlassenheitsflötentönen. Auch der Erzählerkommentar der
Regisseurin wäre ohne die eine oder andere erbauliche Floskel besser
zu ertragen. Allzu stark ins Gewicht fallen diese Einwände nicht:
eindrücklich sind die Bilder, die eine Lage dokumentieren, die nur im
Grad, nicht im Prinzip von der Lage Israels als ganzer unterschieden ist.
Dieser Blick in den Mikrokosmos einer unendlich verfahrenen Situation gibt
einem wenig, nein: keinen Grund zur Hoffnung.
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