Susan Orlean, Journalistin beim New Yorker, hat ein
Buch geschrieben, über Orchideen. Charlie Kaufman, Drehbuchautor,
berühmt für sein Skript zu Being John Malkovich, bekommt
den Auftrag, es fürs Kino zu adaptieren. Ihm fällt nichts ein.
Was tun? Ein Drehbuch schreiben, in dem es um den Drehbuchautor Charlie Kaufman
geht, dem zur Verfilmung von The Orchid Thief nichts einfällt.
Abgeschmackte Idee. Was tun? Ins Drehbuch einen Zwillingsbruder schreiben,
Donald, mit dem man über das Drehbuchschreiben diskutieren, ja, in
Konkurrenz treten kann. Man nennt das selbstreflexiv und kann eine ganze
Menge Gags draus ziehen, einen Besuch im Seminar eines Drehbuchgurus zum
Beispiel, der ohne alle Selbstreflexivität, versteht sich
genau die Prinzipien vertritt, die uns die stromlinienförmigen
Höllenprodukte bescheren, die einem Hollywood sonst so präsentiert.
Adapatation ist anders, so viel steht fest. Kein
Spannungsbogen, keine vernünftige Drei- oder Sonstwasaktigkeit, statt
dessen ein wildes Durcheinander von erzählter Geschichte, Schreiben
an der Geschichte und Diskussion über das Schreiben. Am Ende werden
dann, wie sich das für den postmodernen Ansatz gehört, die Diskussion
und das Schreiben in die Ausgangsgeschichte zurückgefädelt, Donald
Kaufman style. Mit Drogen, Waffen, Krokodilen. Man kann sich, das ist der
große Vorteil des Kaufmanschen Ansatzes, so manches erlauben, wenn
man erst mal klar gestellt hat, dass, was immer man tut, Zitat bleiben wird
und sei es das Zitat eines Verlangens nach Einmaligkeit und Leidenschaft.
Irony is over? Von wegen aber das Problem hat die Stufe erreicht,
auf der die Unfähigkeit, nicht ironisch zu sein, zum Problem wird. Ironisch
abgehandelt, natürlich.
Doppeldeutig ist der Titel, er bezieht sich auf die Drehbuch-Adaption
zuerst, dann aber auch auf Darwin. Das kommt, ein wenig, von der
Orchideen-Geschichte, mehr aber von Charlie Kaufmans zuletzt in seinem Buch
zu Michel Gondrys Human Nature demonstriertem philosophischem
Interesse an der Evolutionstheorie. Spike Jonze, Bruder im so ironischen
wie cleveren Geiste, illustriert das gerne mal mit einem Videoclip: Vom Anfang
der Welt bis Charlie Kaufman in zwei Minuten. Stellt sich die Sinnfrage.
Wer sind wir, woher kommen wir, wohin gehen wir. Kaufmans Drehbücher
geben keine Antworten auf diese im Grunde seines Herzens ernst
gemeinte Frage, sondern Ausflüchte und immer neue Abwege, die so
durchgeknallt wie alle tun nur im Kontext Hollywood sind.
An dem aber arbeitet sich Kaufman ab, als gelte es sein Leben. So
wenig kann er vom Feindbild absehen dem klar strukturierten Drehbuch
nach Schema-F-Erfolgsrezepten -, dass er es hineinschreiben muss ins eigene,
dass er sich, hier, gar, aber nicht im Ernst, am Thriller versucht mit, das
hatten wir schon, Waffen, Drogen, Krokodilen. Aus diesem Kuddelmuddel, das
als Dekonstruktion des Hollywoodfilms zu bezeichnen nicht einmal verkehrt
ist (auch dazu natürlich ein Scherz im Film), führt kein Weg mehr
hinaus, auch nicht für den Kritiker. Irgendwie steht der auch schon
mit drin, im Buch. Wenn er dann sagt: das überzeugt mich nicht, es bleibt
zu viel Beliebigkeit, mancher Scherz ist doch vorhersehbar, ist Charlie Kaufman
allhier. Sitzt da bei der Pressekonferenz, ein schüchterner Kerl mit
Bart und ohne Haarausfall (ganz im Unterschied zum Film), und macht den Eindruck,
als sei ihm all das, die Ironie, die Evolution, die Adaption, die
Selbstreflexivität und die Sehnsucht nach der einen großen
Leidenschaft, bitter Ernst. Der Kritiker ist auch nur Mensch: Vor
Adaptation streckt er die Waffen.
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