Wenn nach einer halben Stunde der Vorspann vorbei ist, ist bereits
dies geschehen: ein Vater, Kishanlal, kommt aus dem Gefängnis zurück,
wird sogleich gedemütigt von dem Mann, Robert, dessen Chauffeur er einst
war, dessen Verkehrsvergehen er auf die eigene Kappe genommen hat für
das Versprechen Roberts, sich um die Familie zu kümmern. Der hat sein
Versprechen nicht gehalten, im Gegenteil: durch sein rachsüchtiges Verhalten
sprengt er die soeben erst restituierte Familie - Vater, Mutter, drei Söhne
- auseinander. Der Vater kommt bei einem Autounfall fast ums Leben, die Mutter
kostet ein herabfallender Ast das Augenlicht, die Kinder werden zu Waisen
und landen, respektive und ohne voneinander zu wissen, bei einem katholischen
Priester, bei einem Polizisten und bei einem Moslem. Dann ein Schnitt (immer
noch Vorspann), die drei sind erwachsen. Das Drehbuch, dessen Lust und Launen
einem noch viel Freude bereiten werden, beschließt eine erste
Familienzusammenführung unter die Credits zu legen: die Mutter und die
drei Söhne begegnen sich, als Fremde, im Krankenhaus, verbunden durch
ein Geflecht von Plastikadern, durch das das Blut der drei der kranken Mutter
als Spende zufließt.
Bis zur endgültigen Wiederzusammenführung im Zeichen der
totalen, triumphalen Anagnorisis gilt es allerdings noch eine Vielzahl von
Intrigen, Schicksalsschlägen und Liebeshändeln zu durchstehen.
Die drei Männer lernen sich unterdes kennen, Anthony ist Herr über
einen ganzen Stadtteil (und zweigt, als Christ, die Hälfte seiner dubiosen
Einnahmen an die Kirche ab), Amar ist ein Polizeiinspektor und wird seinen
Bruder als solcher später inhaftieren und Akbar betreibt die Schneiderei
seines moslemischen Vaters. Er hat, mit einem Konzert als Qawali (eine
traditionelle Urdu-Gesangsform, bei der man kniend "tanzt") den ersten
Musikauftritt, in dem bereits Fäden zur späteren Frau gesponnen
werden - und Amitabh Bachchan darf aus der ersten Publikumsreihe heraus erstes
Charisma als Sänger und Tänzer versprühen. Dann lernt
Anthony die soeben aus der Schweiz zurückgekehrte Frau seines Herzens
kennen (in der Kirche natürlich), sein Werben macht die zweite Musikszene
aus, die der groteske Höhepunkt des Films ist: Anthony steigt aus einem
Osterei, im parodistischen Maße englisch in Schale geworfen (mit Monokel)
und singt den Ohrwurm "My Name is Anthony Gonsalvez", während er die
Frau seines Herzens ihrem Leibwächter abspenstig zu machen versucht.
Diese Musiknummer bewegt sich (wie auch eine Szene, in der
Anthony, betrunken, sein eigenes Spiegelbild zu verarzten versucht),
jetzt mit allem nötigen Ernst gesagt, irgendwo auf der Verbindungslinie
zwischen den Marx-Brothers und Monty Python: herrlich absurd, großartige
Musik, Amitabh Bachchan als begnadeter Komiker, unverschämt wie Groucho
Marx und schlaksig wie John Cleese.
Auch danach passiert noch reichlich viel: dramatische Rettung aus
dem Feuer, die Fäuste fliegen in wohl choreografierten Schlägereien
(das muss man sich so ziemlich als indisches Pendant zu den
Spencer/Hill-Prügelorgien denken), dazwischen fahren Anthony und seine
Braut mit dem Motorboot zu Gesang und Musik über den See (weiter geht's
dann, mit viel Zeitlupe, in der Pferdekutsche), auch Amar und Akbar ersingen
und ertanzen sich im musikalischen Zwischenspiel ihre späteren Ehefrauen.
Die Rache an Robert wird selbstverständlich von Vater Kishenlal und
Söhnen gemeinsam bewerkstelligt, alles mündet in einen Schlussauftritt,
in dem sich die Amar als (Schweizer) Einmannkappelle und Anthony als Priester
verkleiden - Anthony inszeniert so die gefakete Hochzeit seiner Braut mit
seinem Konkurrenten, dem Leibwächter. Die Schlussapotheose ist die Summe
des Films: Alle Rücksichten auf Logik, Glaubwürdigkeit oder auch
nur Erklärbarkeit schreiben Drehbuch und Regie souverän in den
Wind, der ganze Film ist eine (mit voller Absicht) lose Verkettung von grandiosen
Szenen, die Genres gehen aufs bezauberndste durcheinander, Herz reimt sich
in Bonbonfarben auf Schmerz und drei Stunden beste Unterhaltung sind vergangen,
bevor man Amar und Akbar und Anthony sagen kann.
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