Harvey Pekar lebt in Cleveland, arbeitet in der Verwaltung des
örtlichen Krankenhauses und hadert häufig mit sich und der Welt.
Harvey Pekar verfügt aber auch über einen kaum zu bändigenden
Sammlertrieb. Er hortet seit seiner Jugend Jazz-Platten, Platten überhaupt
und Comics, vor allem Comics. Als er eines Tages den ähnlich
zurückgezogen lebenden Robert Crumb (Freak Brothers uvm) auf einem Flohmarkt
kennenlernt ist dies für ihn die Initiation. Er zeigt Crumb seine
Strichmännchencomics, Crumb ist begeistert. Harvey liefert in der Folge
die Geschichten, Crumb illustriert, die American Splendor Comicreihe
ist geboren.
So weit so gut, und natürlich kümmert sich der Film auch
um diese ganz persönliche Erfolgsstory. Viel wichtiger ist Spinger Berman
und Pulcini jedoch die private Person Harvey Pekar, seine stoische, manchmal
vielleicht ein wenig pubertäre Weltanschauung, die Unzufriedenheit mit
sich selbst und der daraus resultierende Hass auf alles, was auch nur ansatzweise
im Verdacht steht Yuppie-Lifestylekompatibel zu sein. Seine Probleme mit
den Frauen, seine skurillen Freunde, all die Verfehlungen,
Unzulänglichkeiten und depressiven Zustände.
Pekar ist zuweilen ein rechtes Aschloch, häufig ein witziger,
liebenswerter Kerl. Pekar lernt eine Frau kennen, heiratet, wird wiederholt
in David Lettermanns Late Show eingeladen, ist bald eine lokale
Berühmtheit. Und Pekar bleibt sich und seinen Marotten immer treu, auch
als bei ihm Krebs diagnostiziert wird. Er fällt in ein tiefes Loch und
rettet sich mithilfe eines illustrierten Buches, in dem er seine Erfahrungen
beschreibt. Pekar, der notorische Kinderhasser, zieht am Ende sogar ein
Pflegekind mit seiner Frau auf.
Der Film changiert stilistisch zwischen klassischer Dokumentation
und inszeniertem Spielfilm. Neben Interviewsequenzen mit Pekar selbst und
altem Archivmateial, etwa vom Eklat während der Late Night Show, machen
die inszenierten Spielfilmteile das Gros des Films aus. Mit Paul Giamatti
ist Pekar ideal besetzt. Im Verlauf des Films heben sich in der subjektiven
Wahrnehmung die verschiedenen Ebenen auf, werden Pekar und Giamatti zu ein
und derselben Person. Hilfreich ist dabei sicherlich die physische
Ähnlichkeit der beiden Männer, wichtiger jedoch die darstellerische
Präsenz, Giamattis Authentizität. Am Ende hat man beide ins Herz
geschlossen und man liebt diesen Film, der konsequent all das vermeidet,
was der Pressetext in seiner Kurzsynopsis befürchten lässt. Da
ist die Rede von der Banalität der Existenz, von Pekars Fähigkeit
durch seine Geschichten die Liebe zu finden und sogar (!) zum kreativen
Künstler zu werden. Ein Intellektueller aus dem Arbeitermilieu. Pekar
würde kotzen.
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