Ein Film, durch den eine Grenze läuft, aber so, dass nie
die Entscheidung fällt für eine der beiden Seiten, die sie trennt.
Es ist die Grenze zwischen dem schieren Horror und der Geschichte einer Psychose.
Die Psychose als Horror, der Horror einer Psychose, aber so, dass sich dem
einen wie dem anderen der Betrachter kaum entziehen kann. Konzentriert ist
das Geschehen auf einen einzigen Ort, ein Haus inmitten schöner Natur,
ein See. Ganz am Anfang sieht man Su-mi und ihre Schwester auf einem kleinen
Steg, die Füße im Wasser, umspielt von der Kamera, die von oben
blickt, von hinten und auch von unter der Wasserlinie. Schon in dieser
Einstellungsserie gelingt es Kim Jee-woon, durch die Abfolge der verschiedenen
Blicke eine Verunsicherung in die Wahrnehmung hineinzutragen - es bedürfte
gar nicht des Grummelns der Tonspur (die später immer wieder ganz ins
Lager des Horros überläuft, Bernard Hermanns "Psycho"- Score
überdeutlich zitiert).
Die Konstellation, die sich nach und nach ergibt, ohne Klärung
allerdings der Vorgeschichte und der Motive der Beteiligten. Ohne Klärung
auch der Tatsache, dass sich der Film ganz auf die Seite Su-mis schlägt,
von der ersten Sekunde an, dass den Bildern hier nicht zu trauen ist: so
präzise sie in Szene gesetzt sind. Oder gerade: In dieser Präzision
sitzt der Schrecken als einer, der hervorbrechen kann in eben dieser
präzisen Manier. Das Gespenstische hat seine Auftritte keineswegs in
andeutender Vagheit, sondern in einer ungewöhnlichen Frontalität.
Das vielleicht das Ungewöhnlichste an diesem Film: dass er die Grenze,
die durch ihn läuft, nicht verschwimmen lässt, sondern beide Seiten
so ausformuliert, dass sie identisch zu werden scheinen. Der psychotische
Horror ist in diesem Fall eine Sache der Inszenierung - und des grandiosen
Spiels der Darsteller, Su-mis und der Stiefmutter im besonderen.
Und so sehr es einen Twist gibt, einen Moment der Auflösung,
so wenig gelangt der Film mit diesem Moment - wie es beinahe jeder andere
Film täte - an seinen toten Punkt. Keineswegs verschwindet der Schrecken.
Und seine Permanenz ist nicht eine Sache gespenstischer Wiederkehr und
Wiederholung, sondern einer Ausweglosigkeit, die nur zu immer weiteren Spaltungen
und psychotischen Verdopplungen führt. Auch sie noch vollzieht der Film
als seine Wirklichkeit mit, in einer Konsequenz, die bleischwer bis zum letzten,
hellen Naturbild auf dem Betrachter liegt, die jeden Ausweg in eine Lösung
verstellt. Psychotischer Horror bis zuletzt.
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