Jedermanns erster Gedanke, natürlich, Rashomon. Im
Wald sind wir auch hier, um Tote geht es auch hier und um reichlich
unterschiedliche Geschichten, die die Überlebenden erst zu verschweigen,
dann zu erzählen haben vom Hergang einer Tat, die sich, je nachdem,
wie von ihr erzählt wird, anders darstellt. Den Ort, an dem das spielt,
nennt der Film Panama, dabei gibt es kaum mehr als Dschungel, die
Künstlichkeit computergenerierten Dauerregens und ein Militärcamp
im Nirgendwo. Fiktionale Zone mit eigenen Gesetzen. Und eine Stadt, aus der
John Travolta herbeieilt, Licht ins Dunkel, einen roten Faden ins Labyrinth
der Geschehnisse zu bringen. (Man wird nicht sagen könne, dass das ohne
weiteres gelingt.)
Was ist passiert? Ich werd's gar nicht erst erklären, man muss
sich "Basic" schon über die Struktur nähern, die er weniger hat
als ausstellt. Da übrigens beginnt schon das Missverständnis all
der Kritiken, die über Löcher im Plot, zu viele Twists und
überhaupt mangelnden Realitätssinn klagen. "Basic" hat nicht die
mindeste Realismus- und auch kaum eine ernst zu nehmende
Konsistenz-Prätention. Präsentiert und exponiert
wird die Zwiebelstruktur des Geschichten, sekundär ist das Erzählen
selbst, das die beiden Ermittler - Travolta und Nielsen - herumschickt zwischen
den Versionen, die die Beteiligten in je unterschiedlicher Weise involvieren.
Und nur eine Figur, soviel sei verraten, ist die, die sie scheint, von Anfang
bis Ende. Das ist mitunter schwindelerregend abstrakt, denn die Fäden
laufen in die Kreuz und in die Quer, die Bilder immer im Schlepptau, wenn
nicht vornedran.
Die Zeit-Struktur des Films ist eine der einander dementierenden
Bild-Verstrickungen. John McTiernan lässt die Bilder, als Flashbacks,
nicht nur lügen, sie tun's bald mit routinierter Lässigkeit. Es
ist, als würde hier ein mühsames Erwachen inszeniert, aus einem
Traum, der von der Erinnerung nicht, kaum - und wenn ja: woran - zu unterscheiden
ist. Und aus dem Traum erwacht der Plot nur in den nächsten Traum, an
dem, das zeigt sich nach und nach, einiges auch wieder nicht stimmen kann.
Heillos verwirren die Zeugen und Spuren das, was als Wahrheit etabliert schien,
also auf in die nächste Runde. Dabei geht es hier kaum in einem
tieferen Sinne um Wahrheit, sondern um die Lust am Sturz von einer Version
in die nächste, mit den dazugehörigen Schwindeleffekten. Ob
dann das Ende, das eine Auflösung bietet, die sich gewaschen hat, logisch
plausibel ist, darüber mögen sich andere den Kopf zerbrechen: eine
wunderbare narrative Apokatastasis ist es allemal.
Und, das ist der Zauber Hollywoods, für kleine
minoritätenpolitische und ideologische Spitzen ist allemal noch
Raum. Ob Mann und Frau, schwarz und weiß oder Fragen militärischer
Ehrbegriffe, alles auch drin und auch alles anders als es sich zunächst
darstellt. Auch hier erweist sich "Basic", nachdem der Film dem Betrachter
den Kopf erst mal richtig rum aufgesetzt hat, als Meta-Film, der so meta
ist, dass er auf der Plot-Ebene fast schon nicht mehr - und psychologisch
schon überhaupt nicht - funktioniert (aber das ist ja ein Problem,
mit dem John McTiernan so seine Erfahrungen hat). Und damit der Kopf richtig
sitzt, muss der Betrachter das abstrakte Strukturkunstwerk mit dem nötigen
Unernst betrachten, eine Anstrengung, zu der, das zeigen die verheerenden
US-Kritiken, selbst die Profi-Kritik kaum in der Lage schien. Was schade
ist, denn McTiernan produziert gerade ein krudes Meisterwerk nach dem
anderen.
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