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Claire Denis: Beau Travail (F 2000)

 

Kritik von Ekkehard Knörer 

Denis Lavant ist eine wunderbare Besetzung für die Hauptfigur von Beau Travail. Verschlossen, fast nur Körper. Verstärkt wird das noch dadurch, dass man ihn fast nie sprechen sieht: die Stimme aus dem Off, ihre Melancholie, ist von tanzenden, trainierenden, still stehenden Körpern weitgehend dissoziiert.
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Damit ist das Muster des Films schon angezeigt. Eine Dissoziation findet auch auf formaler Ebene statt. Beau Travail ist ein Film über Fremdenlegionäre in Djibouti; gefilmt auf denkbar fern liegende Weise: als meditatives Bildgedicht, bei dem Bild und Ton oft genug ihre eigenen Wege gehen: großartig, wenn die marschierende Truppe von Neil Young untermalt wird, oder bügelnde Legionäre von bedrohlicher Gitarrenmusik. Etwas fragwürdig, wenn Hymnen auf nackte Oberkörper trainierender Männer gesungen zu werden scheinen. Hin und wieder scheint der Film hier eine Faszination zu sehen, ohne ihr allerdings zu erliegen.
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Dank der Dissoziation von Bild und Ton stellt sich eine Rundung zur glatten Narration nie ein. Es gibt eine Geschichte - ein Eifersuchts-Dreieck zwischen dem von Denis Lavant gespielten Helden Galoup, dem schönen jungen Legionär Sentain und deren Vorgesetztem, die der Erzählung Billy Budd von Herman Melville lose folgt (interessante Parallele zu Leos Carax' letztem Film Pola X), die den Bildern, der Musik, den Stillstellungen, die den Film ausmachen, aber fremd bleibt. Gänzlich dysfunktional (im Plot-Sinne) bleibt die schönste Szene des ganzen Films. Es ist die letzte, der nur noch der Abspann folgt. Denis Lavant alleine in der Ecke einer Diskothek. Erst kauert er, bewegt sich kaum, gerät langsam ins Tanzen, das Tempo steigert sich, bis er zuletzt wie ein Derwisch über die Tanzfläche wirbelt. Hier ist der grandiose Gegensatz zum domestizierten, gedrillten Kampfkörper; die Auflösung ins Amorphe, sich aller Stillstellung, jedem Kommando entziehende. Ein furioser Schlusspunkt unter einen großartigen Film.

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