Border ist ein schamloser Propagandafilm für die indische Armee,
ein ideologisches Machwerk hierzulande kaum vorstellbaren Ausmaßes.
Kein Wunder, dass die Armee nicht nur Panzer und Flugzeuge, sondern auch
gleich die Besatzungen zur Verfügung gestellt hat. Die Geschichte basiert
auf einem wahren Vorfall und schildert kriegerische Auseinandersetzungen
an der indisch-pakistanischen Grenze. Ein pakistanischer Angriff in großer
numerischer Überzahl scheitert an einer kleinen Truppe zu allem
entschlossener Verteidiger. Zu allem entschlossen, zur himmelschreienden
Verehrung des Kampfes fürs Vaterland vor allem, ist auch der Film.
Erzählt werden nicht Schicksale von Individuen, stattdessen werden
Exempel statuiert, an vier Männern. Alle vier werden zur Waffe gerufen:
der eine droht Frau und Kind zu verlassen, wenn sie ihn nicht in den Krieg
ziehen lässt, der andere verlässt die frisch Angetraute nach der
(wie sich später zeigen wird, dennoch sehr erfolgreichen) Hochzeitsnacht,
der dritte (Sohn eines in einem früheren Krieg Gefallenen, einer ober
der vergossenen Tränen erblindeten Mutter) wird aus den
Hochzeitsvorbereitungen gerissen, vom vierten erfahren wir, wie er eine
eigensinnige Atheistin erst zu Verstand gebracht und dann geehelicht hat.
Frauen, Geliebte und Mütter haben, kurz gesagt, gegen die große
Übermutter Indien keine Chance; es gibt hier Trauer, aber keinen Zweifel,
wer das Vorrecht hat.
Der vergleichsweise kleine indische Trupp gräbt sich in der
Grenzwüste ein, hat erst einmal wenig zu tun, man schwingt, ein ums
andere Mal, patriotische Reden, erklärt die Liebe zum heimatlichen
Wüstensand. Alle Zweifler und Abweichler werden unterdessen kuriert:
Dharmveer, dem zuvor die Hand mit der Waffe zitterte, feuert eine ganze Salve
in den schon hingeschlachteten Informantenkörper, bekommt einen Orden.
Mathura Das, der feigerweise um Urlaub bittet, um seine krebskranke Frau
noch einmal zu sehen, kehrt auf halbem Wege um, zu mutterlandsverteidigender
Einsicht gelangt. Alle übrigens (mit einer Ausnahme) müssen sie
sterben, aber sie tun es als Helden, erledigen haufenweise Feinde (die, das
nun ausnahmslos, gänzlich anonym bleiben) noch mit jeder Menge Blei
im Körper, noch mit dem letzten Atemzug.
Derart blanke Ideologie macht fassungslos, das ist ein Bollywood-Erlebnis
der noch mal anderen Art. Der Film nimmt sich fraglos ernst, hat entsprechend
auch Schwierigkeiten mit den Gesangseinlagen, die zunächst in die
Romanzen-Rückblenden verlagert werden (und einigermaßen einfallslos
bleiben). Später aber gibt es auch Panzer mit Musik, Marsch mit Gesang,
bonbonbunten Militarismus zu eingängigen Melodien und Rhythmen. Der
Wechsel zum heldischen Kampf mit jeder Menge Explosion und Feuerwerk ist
ein wenig abrupt, aber es zeigt sich, dass man aus dem weiten Rahmen des
Masala-Films so leicht nicht fällt: Bollywood verleiht auch dem Krieg
noch Glanz und Spaß und Mitgefühl. So bodenlos einfältig
viele der Dialoge sind, so schematisch und holzschnitthaft die Konflikte,
so didaktisch die Anlage, so ideologisch die Botschaft: manche Szene gerät
auch hier, auf ästhetischem Feindesland, verdammt mitreißend.
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