"Love storys always have happy beginnings"
Valeria Bruni-Tedeschi
Sie verlieben sich, sie lassen sich trauen und irgendwann scheiden. Jede
zweite Ehe endet in der Bundesrepublik vor dem Scheidungsrichter. Bei unseren
europäischen Nachbarn, etwa in Italien, sieht es nicht besser aus. "Casomai
- Trauen wir uns?!" von Regisseur Alessandro D'Altri ("Senza Pelle") sorgte
dort vor zwei Jahren für Diskussionen und brachte es mit der Komödie
über den nachdenklichen Gang zum Traualtar auf über eine halbe
Million Zuschauer.
Es gehört also - laut Statistik - nicht viel dazu, das Ende einer Ehe
voraus zu sagen. Im Fall von Stefania (Stefania Rocca) und Tommaso (Fabio
Volo) aus Mailand, die sich in einer Kirche auf dem Land das Jawort geben
wollen, reagiert die Hochzeitsgesellschaft irritiert auf den Priester, der
dem Paar genau dieses Schicksal prophezeit. Er schlägt deshalb vor,
den Schwur ewiger Treue abzuschwächen. Um den skeptischen Geistlichen
von der Zuneigung des Paares zu überzeugen, erzählen die Freunde
seine Liebesgeschichte.
Im Flashback zeichnet der Film die Love-Story von Stefania und Tommaso auf
- bis zur Kirche. Alles scheint eitel Sonnenschein, sie heiraten, und das
gemeinsame Leben kann beginnen. Dennoch laufen die Dinge im Alltag schief,
wie der Priester es vorausgesehen hat. Am Ende sitzen beide weinend in ihren
Wohnungen vor Kartons mit Erinnerungen aus den gemeinsamen Jahren.
Noch mal einen Sprung zurück - "Casomai" hat ein Einsehen mit Romantikern,
die ahnen, dass all das böse enden wird, aber trotzdem hoffen, dass
sie selbst den Lauf der Zeit verändern könnten. In "5 x 2 Fünf
mal zwei" von Francois Ozon, der am 21. Oktober in den Kinos startet und
vor wenigen Tagen auf dem Filmfestival in Venedig Premiere hatte, sieht der
Regisseur keinen Ausweg aus der privaten Misere vor.
Ozon spult die Geschichte eines Paares von seinem Ende her ab: Zu Beginn
des Films unterzeichnen Marion (Valeria Bruni-Tedeschi) und Gilles
(Stéphane Freiss) bei ihrem Anwalt die Papiere für die Scheidung
und verhandeln über das Sorgerecht für den Sohn. In einer
quälenden, an Bergmans "Szenen einer Ehe" bzw. in ihrer expliziten
Präsentation der Körper an "Intimacy" von Chéreau erinnernden
Momentaufnahme in einem Hotelzimmer vergewaltigt der Mann seine Exfrau.
Über vier weitere Etappen - ein Essen mit Freunden, die Geburt des Sohnes,
die Hochzeit, das erste Treffen - führt Ozon die Zuschauer zum Happy-End
in den Sonnenuntergang am Meer.
Das Wichtige sei es, diese Beziehung erfahren zu haben, beschreibt Francois
Ozon sein Verhältnis zur Tragödie des Scheiterns. "Casomai" reflektiert
das Umfeld, den Einfluss von Freunden und der Familie auf die Auflösung
des Glücks. In "5 x 2" muss der Zuschauer die blinden Flecken zwischen
den einzelnen Szenen zu zweit - von der juristisch sanktionierten
Herbeiführung des Endes einer Ehe bis zum "happy beginning" einer
Liebesgeschichte - selbst ausfüllen. Es liegt ein verführerischer
Reiz in beiden Versuchen, der Liebe von ihrem Ende her nachzuspüren.
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