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Cecil B.
USA 2000
Regie: John Waters
Mit Stephen Dorff, Melanie Griffith |
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KRITIK
Reales Leben, reale Menschen, realer Terror! Guerillaregisseur Cecil
B. Demented (Stephen Dorff) und seine Terrorcrew, die (film-)verrückten
Sprocket Holes haben großes vor. Sie wollen den einzig wahren
Independentfilm Raving Beauty drehen - dogmatischer als Dogma
95 und ehrlicher und radikaler als alles bisher Dagewesene. Ihre Feindbilder
haben sie dabei klar definiert: Hollywood und die Verbreiter dessen öder
Mainstreamkost, die Multiplexe. Bestraft schlechte Filme! ist
der Schlachtruf und verehrt wird natürlich das unabhängige Kino.
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So hat jedes Sprocket Hole einen großen Namen tätowiert.
Faßbinder, Lynch, Warhol oder Anger. In diesem Fall sind das nicht
nur Namen, sondern Glaubensbekenntnisse. Und weil Demented ein Tattoo mit
dem Namenszug Otto Preminger trägt, ist das einerseits ein Hinweis auf
Tyrannei am Set, andererseits ein Zeichen des starken Willens, für seine
filmische Vision zu kämpfen. Der zickige Megastar Honey Whitlock (Melanie
Griffith) bekommt diese beiden Seiten zu spüren und das, obwohl sie
nicht einmal freiwillig in Dementeds Werk mitspielt. Sie wurde nämlich
bei der Wohltätigkeitspremiere ihres neuen Schmachtfetzens A Kind
of Happiness in Baltimore gekidnapped und in das Geheimdomizil der
Sprocket Holes, ein altes, abrißreifes Kino, verschleppt. Fortan findet
sie sich an Originalschauplätzen des cineastischen Grauens wieder, um
für Raving Beauty vor der Kamera zu stehen. Sträubt
sich die verwöhnte und allürenreiche Hollywoodzicke Honey zuerst
noch gegen DeMented und seine unkonventionellen Ideen, versteht sie bald,
warum ein Videospiel nicht verfilmt oder Les enfants du paradis - Kinder
des Olymp nicht auf englisch synchronisiert werden sollte. Sie wird
auch zu einem Sprocket Hole, und der glamouröse, auf Hochglanz polierte
Star mutiert äußerlich zu einer abgefuckten, zottelhaarigen
Undergroundqueen. Ob in einem Familienkino, das den Patch Adams
Directors Cut (!) zeigt, am gestürmten Set von Forrest Gump
2 - Gump Again oder bei einem Treffen der austernschlürfenden
amerikanischen Filmbosse, die in Baltimore ein Hollywood der Ostküste
errichten wollen: Honey läßt sich filmen, während sie
Handgranaten in die Menge wirft, mit einem Maschinengewehr um sich schießt
und dabei Sätze brüllt, wie: Brennt alle Multiplexe
nieder!! Es soll die größte Rolle ihres Lebens werden. Nachdem
die letzte Einstellung des Filmes in einem Autokino gedreht ist, mündet
alles in einer Sexorgie, einem Blutbad durch die Polizei und dem Selbstmord
von DeMented. Für einen Film muß man ja schließlich bereit
sein zu sterben...
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Mit dieser Brecheisen-Satire zeigt sich Regisseur John Waters endlich
wieder von seiner Schmuddel- aber auch besten Seite. In den großartigsten
Momenten erinnert Cecil B. sogar an seine Trashphase in den 70er
Jahren, als er sich mit Geschmacklosigkeiten und Tabubrüchen, wie der
Pudelexkremente-verspeisenden Divine in Pink Flamingos, einen
sehr speziellen Ruf erarbeitete. Natürlich ist Waters harmloser geworden,
und Cecil B. ist viel zu klamottig, um ernsthaft provozieren
oder schockieren zu können. Dennoch ist diese Satire ein Schritt
zurück und gleichzeitig ein Schritt nach vorn, da man Waters
spätestens seit der braven Kunstsatire Pecker fast (aber
wirklich nur fast!) an den Mainstream verloren geglaubt hat. Cecil
B. ist da ganz anders: roh, schmutzig, direkt, bissig und alles andere
als perfekt. Es ist ein Werk unverhohlener Geschmacklosigkeiten, voll harter
Action, brutalem Klamauk und gnadenlosen Spitzen gegen das Filmbusiness.
Da will ein heterosexueller Friseur unbedingt schwul werden, sieht man
Ausschnitte aus einem Pornofilm mit dem verheißungsvollen Titel
Hintereingang, in dem Sprocket Hole Cherish (Alicia Witt)
hocherotische Spielchen mit einem Hamster treibt oder wird konfrontiert mit
der hochnotpeinlichen Fortsetzung von Forrest Gump. Natürlich verachtet
John Waters konventionelle Hollywood-Blockbuster. Sein Herz schlägt
wie das DeMenteds für unabhängiges Kino. In einem Interview sagte
er, daß er bei Patch Adams das fühlt, was Nancy Reagan
bei seinem Trash-Triumpf Pink Flamingos empfinden würde.
Man kann also verstehen, warum Waters im Kampf gegen Hollywood schwere satirische
Geschütze aufgefahren hat! Und alle Independentfilm-Fans werden es ihm
mit Tränen in den Augen danken.
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