1973, Nord-Irak: Bei archäologischen Grabungen wird ein komplettes
Gebäude freigelegt. In ihm befinden sich Artefakte aus unterschiedlichsten
Zeiten und Weltgegenden. Der leitende Archäologe des Projektes, Pater
Lankester Merrin, entdeckt den Kopf einer kleinen Teufelsskulptur - in ihm
keimt ein Verdacht und er bereitet seine Abreise vor. Als er tags darauf
noch einmal zum Fundort zurückkehrt, steht er unversehends einer
manngroßen Teufelsstatue gegenüber, die zuvor noch nicht dort
gewesen ist. Nun ist er sich sicher, bei den Ausgrabungen etwas ans Tageslicht
gebracht zu haben, das besser verborgen geblieben wäre. Und
tatsächlich ist der Teufel selbst auf die Erde gekommen und ergreift
am anderen Ende der Welt Besitz von der Seele eines kleinen Mädchens.
So beginnt William Friedkins Film The Exorzist, der bis heute zwei
Fortsetzungen und einen Director's Cut nach sich gezogen hat. Nun
ist mit Exorzist - Der Anfang das Prequel zur Reihe erschienen, das
die Umstände jener Teufelsbefreiung genauer zu erklären versucht.
Der Film verlegt die Geschehnisse des Prologs aus Exorzist nach Ost-Afrika
und ins Jahr 1949. Dort ist Lankester Merrin, der im zweiten Weltkrieg sein
Priesteramt niedergelegt hat, damit beauftragt, den Kopf einer kleinen
Teufelsskulptur zu finden. Sein Auftraggeber vermutet, dass sie in einer
christlichen Kirche, die seit 1500 Jahren in der Erde vergraben liegt, verborgen
ist. Die Ausgrabungen dieser Kirche haben bereits begonnen, als Merrin eintrifft.
Und wie im Prolog zum Exorzist wird auch hier das Böse in die
Welt entlassen, ergreift von den Protagonisten Besitz und muss schließlich
exorziert werden.
Die Abwandlung von Handlungsort und -zeit gegenüber dem ersten Exorzist-Film
begründet sich aus der Konstruktion der Charaktere und vielleicht noch
aus dem Versuch, an Details aus dem Ursprungsfilm anzuknüpfen (in dem
einmal erwähnt wird, dass Pater Merrin "vor Jahren in Afrika einen
Exorzismus durgeführt hat" - doch damit war eben nicht dessen Aufenthalt
im Nordirak gemeint). Diese Unterschiede sind aber nicht das eigentliche
Problem des Films. Es ist viel mehr dessen ständige verzweifelte Suche
nach ästhetischer Legitimation, das Bedrüfnis, sich zeitlich "vor"
eine Filmlegende schreiben zu wollen, diese erklären, verbessern und
motivieren zu wollen.
Dass dies nicht funktionieren kann und eigentlich auch gar nicht nötig
ist, ignoriert das Drehbuch vollständig. Dafür reiht es eine
überkommene Standardsituation des Horrorfilms an die nächste. Alles
ist ihm recht, nur um am Ende dort anzukommen, wo der ursprüngliche
Exorzist-Film beginnt. Und so setzt Exorzist - The Beginning
seinem erstaunten Publikum teuflische Hyänen in schlechtester CGI vor,
behauptet archaische Stammesrituale der Eingeborenen, die irgendwie immer
alles schon wussten, verschränkt zwei durch den Nationalsozialismus
zerstörte Biografien (Pater Merrin, der angesichts einer
Massenerschießung seinen Glauben verlor und die junge Ärztin Sarah
Novak, die im KZ bis zur Unfruchtbarkeit gefoltert wurde), auf dass sie
aneinander genesen und landet erzählerisch ständig in irgendwelchen
Sackgassen, aus denen an den Haaren herbeigezogene Zufälle oder die
zu reinen Erfüllungsgehilfen degragierten Nebendarsteller (wie die von
Pater Francis oder dem kleinen Joseph) ihn wieder herausführen sollen.
Am Ende läuft der mehr ärgerliche als langweilige (denn dazu donnert
er einem zu oft knallende Schocks entgegen) Film auf die bereits erwähnte
Konfrontation zwischen Merrin und der besessenen Seele (ein weiterer
unmotivierter Plottwist!) hinaus, die sich im optischen und akustischen Kopieren
des ersten Exorzisten (nebst dessen vulgären Flüchen, die im Prequel
aber einzig und allein "geliehen" wirken) gefallen. Als Fazit des Seherlebnisses
muss leider stehen, dass man in diesem Fall besser nicht hinter die Anfäge
und Begründungsmythen hätte blicken sollen - nicht etwa, weil diese
sonst ihr Geheimnis verlören, sondern weil sie je nach Qualität
des Drehbuchs einfach banal sein könnten.
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